MEDICA 45. Deutscher Krankenhaustag zieht Bilanz

Im Rahmen der weltgrößten Medizinmesse MEDICA 2022 fand vom 14. bis 17. November der 45. Deutsche Krankenhaustag in Düsseldorf statt. Die Themen in diesem Jahr: Politik und Finanzierung, Personal, Versorgungsstrukturen der Zukunft und Digitalisierung.

Gesunkene Fallzahlen, Inflation, zurückzuzahlende Corona-Hilfen und Absenkung der Leistungen: 70 Prozent der Kliniken rechnen laut einer Studie von Roland Berger mit Defiziten in diesem Jahr. Einigen Krankenhäusern droht aus wirtschaftlichen Gründen die Schließung. Die Kliniken in Deutschland befinden sich in einer Krisenlage, bemühen sich trotz steigender Energiekosten, allgemeiner Teuerung und Personalknappheit darum, die Versorgung der Patientinnen und Patienten möglichst flächendeckend gewährleisten zu können. „Reformpolitik quo vadis – was wird aus dem Koalitionsvertrag?“ – so lautet das Motto des 45. Deutschen Krankenhaustages. Die Teilnahme von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach und seine Rede im Rahmen der Auftaktveranstaltung weckte bei den Kongressgästen und Kliniken hohe Erwartungen an die Reformen der Bundesregierung.

Die Politik will jetzt helfen und ein Acht-Milliarden-Euro-Hilfspaket bis 2024 bereitstellen. „Sechs Milliarden Euro sollen die Krankenhäuser erhalten und zwei Milliarden Euro die stationäre und teilsta­tionäre Pflege“, sagte Lauterbach bei der Eröffnung des Deutschen Krankenhaustags in Düsseldorf. Er wies darauf hin, dass die Zahlungen aus der Gas- und Strompreisbremse noch dazu addiert werden müssten. Insgesamt werde insofern eine zweistellige Milliardensumme ausgezahlt. „Kein Krankenhaus soll aufgrund zu hoher Energiekosten schließen. Wir schulden das den Krankenhäusern, die uns durch die Pandemie gebracht haben. Jetzt bringen wir die Kliniken durch die Energiekrise“, so Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. Das diagnosebezogene Fallpauschalensystem (DRG) soll überwunden, die Basisfinanzierung auf einen anderen Sockel gestellt werden. Das DRG-System wäre zwar aus Kassensicht komfortabel gewesen, aber nicht für die Kliniken, denn ökonomische Anreize hätten oft medizinischen Entscheidungen überlagert. Dies soll sich jetzt in einer großen, grundlegenden Gesundheitsreform ändern. Zudem verspricht der Minister eine stärkere Ambulantisierung und weniger Bürokratie.

Dr. Josef Düllings, Kongresspräsident des 45. Deutschen Krankenhaustags, begrüßte das Vorhaben der Bundesregierung einer finanziellen Unterstützung für die Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe. „Sie muss angesichts der Situation in diesem wichtigen Bereich zügig erfolgen, denn Krankenhausversorgung ist soziale Daseinsvorsorge.“ Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), verwies auf die Initiative „Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Gefahr“ und verdeutlichte, dass weitreichende und grundsätzliche Reformen im Krankenhausbereich und darüber hinaus notwendig sind – stets in kluger Balance zwischen Vorhaltefinanzierung und leistungsbezogener Finanzierung: „Diese Reformen müssen aber, wenn sie am Ende auch erfolgreich in der Umsetzung sein sollen, einem Leitbild folgen, wie die Patientenversorgung in Zukunft ausgestaltet sein soll.“ Dr. Sabine Berninger, Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland (ADS) sowie des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK), kritisierte, dass die Pflegeverbände nicht in die Gestaltung des Corona-Pflegebonus einbezogen wurden. „Wäre das erfolgt, dann wäre vielleicht eine Bonuszahlung gekommen, die nicht für Unruhe sorgt und ein großes Ungerechtigkeitsempfinden in der Pflege auslöst“, so Berninger. Zudem forderte sie die kurzfristige Einführung der Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) als Übergangsinstrument.

Die angekündigte Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums war ein weiteres Thema am letzten Kongresstag. Prof. Ferdinand Gerlach aus dem Sachverständigenrat Gesundheit plädierte dringend für eine Beschleunigung der Prozesse: „Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit. Wir stehen in Europa abgeschlagen, ganz weit unten, in den Rankings meistens Vorletzter. Bei der Patientenakte haben wir zum Beispiel 15 Jahre Abstand.“ Es würde heute noch mit veralteter Technik gearbeitet. So hätten sich gerade in der Corona-Pandemie deutlich die Defizite gezeigt, da fast alle Daten zur Einschätzung der Pandemie, Wirksamkeit der Impfstoffe usw. aus anderen Ländern mit digitalisierten Gesundheitssystemen gekommen seien. Zu einem bedeutenden Aspekt für Kliniken, dem Klimaschutz, waren am letzten Kongresstag hochkarätige Gesundheits- und Umweltxperten zur Podiumsdiskussion “Klimaretter Krankenhaus“ geladen. Unter ihnen Dr. Anna Levsen (DKI), Wolfram Bannenberg von der K-Plus Gruppe, Anne Klemm vom BKK-Dachverband, Annegret Dickhoff vom BUND und Dr. Anne Hübner von der KLUG als Moderatorin. Sie begreifen die Krise auch als Chance, denn Krankenhäuser könnten eine Schlüsselrolle in der kommunalen Klimastrategie einnehmen.

Der Deutsche Krankenhaustag ist eine wichtige Plattform für die deutschen Krankenhäuser und findet jährlich im Rahmen der MEDICA statt. Gesellschafter der GDK sind die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands e.V. (VLK) und der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD). Der Pflegebereich ist durch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland e.V. (ADS) und den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBFK) in die Arbeit der GDK eingebunden. Der 46. Deutsche Krankenhaustag wird vom 13. bis 16. November 2023 erneut in Düsseldorf im Rahmen der MEDICA stattfinden.

Quellen