Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) Rechtsvorschrift zur Bezeichnung und Einstufung von Abfällen in Deutschland

Gefährlich oder nicht gefährlich – die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) definiert die Bezeichnung und Einstufung von Abfällen. (Foto: Fotolia, benicoma)
Gefährlich oder nicht gefährlich – die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) definiert die Bezeichnung und Einstufung von Abfällen. (Foto: Fotolia, benicoma)

Viele Rechtsverordnungen rund um die Abfallverwertung und -überwachung ergänzen und konkretisieren das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Dazu gehört unter anderem auch die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV). Die Verordnung definiert die Bezeichnung und Einstufung von Abfällen sowie gefährliche und nicht gefährliche Abfallarten. Daraus ergeben sich grundlegende Register- und Nachweispflichten für Abfallbeauftragte und alle an der Entsorgung Beteiligten. Die Zuordnung eines Abfalls zu einer Abfallart erfolgt mittels einer entsprechenden Abfallschlüsselnummer.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Verordnung überführt das Europäische Abfallverzeichnis (EAV) in deutsches Recht.
  • Herzstück ist das Abfallverzeichnis, dem die Abfallbezeichnung, der Abfallschlüssel und die Einstufung als gefährlich oder nicht gefährlich zu entnehmen sind.
  • Bei Abfallarten, bei denen ein gefährlicher und ein nicht gefährlicher Abfallschlüssel in Frage kommt (Spiegeleinträge), muss die Einordnung im Einzelfall und anhand der gefahrenrelevanten Eigenschaften (HP-Kriterien) getroffen werden.

Grundlage: Einheitliches Europäisches Abfallverzeichnis (EAV)

Mit der Entscheidung 2000/532/EG hat die Europäische Kommission für die Mitgliedstaaten ein einheitliches europäisches Abfallverzeichnis (EAV) festgelegt. Das Verzeichnis ist ausschlaggebend für die Bezeichnung und Einstufung von Abfällen in der EU und schafft damit die Basis für eine funktionierende Abfallwirtschaft. Weil dabei das Abfallrecht an gefährliche Abfälle und ihre Entsorgung besondere Anforderungen stellt, muss klar sein, welche Abfälle hiervon betroffen sind. Die diesbezüglichen Kriterien orientieren sich am Chemikalienrecht. In den folgenden Jahren wurde die AVV mehrfach novelliert und fortgeschrieben.

Ziel der Abfalleinstufung ist die europaweit einheitliche Abfallbezeichnung. Das europäische Abfallverzeichnis (EAV) unterscheidet gefährliche und nicht gefährliche Abfallarten. Die gefährlichen Abfallarten sind durch ein Sternchen an der Abfallschlüsselnummer gekennzeichnet. Mit der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) ist die EAV in deutsches Recht überführt worden.

Mit Wirkung vom 1. Juni 2015 wurden die europäischen Richtlinien durch die Verordnung (EU) Nr. 1357/2014 sowie den Beschluss 2014/955/EU fortentwickelt und an das Chemikalienrecht der CLP- Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 angepasst. Somit mussten die nationalen Regelungen entsprechend geändert werden. Diese spiegeln sich in der Novelle der Abfallverzeichnis-Verordnung wider.

Novellierung: Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV)

Am 11. März 2016 ist in Deutschland eine novellierte Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) in Kraft getreten. Die wichtigsten Neuerungen betreffen die Aufnahme von drei neuen gefährlichen Abfallarten, redaktionelle Änderungen verschiedener Kapitel, Gruppen und Abfallbezeichnungen. Zudem gibt es neue Einstufungskriterien für gefährliche Abfälle. Mit den Neuerungen bei den Abfallbezeichnungen sind keine grundlegenden abfallwirtschaftlichen Veränderungen verbunden, da der überwiegende Teil der Abfallschlüssel ausschließlich Einstufungen als „gefährlich“ oder als „nicht gefährlich“ vorsieht. Diese betreffen nur eine überschaubare Zahl von Abfallarten. Von vorher 839 enthält das Abfallverzeichnis jetzt insgesamt 842 Abfallarten. Drei Typen sind zu unterscheiden: 288 gefährlich Abfallarten, 236 ungefährliche Abfallarten und 378 Abfallarten, die in die Kategorie „Spiegeleinträge“ (dazu nachfolgend mehr) fallen.

Neue HP-Kriterien aufgenommen

In Anpassung an das EU-Chemikalienrecht (CLP-Verordnung 1272/2008/EG) wurden in die deutsche Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) neue gefahrenrelevante HP-Kriterien rechtsverbindlich aufgenommen. Die Abkürzung HP steht für „Hazardous Properties“ zu deutsch „Gefährliche Eigenschaften“. Diese Anpassung wirkt sich aber nur auf eine begrenzte Anzahl von Abfallschlüsseln aus, da der überwiegende Teil der Abfallschlüssel ausschließlich Einstufungen als „gefährlich“ oder als „nicht gefährlich“ vorsieht. Bei diesen sog. absoluten Abfallschlüsseln ist keine weitere Prüfung hinsichtlich der Gefährlichkeitskriterien erforderlich, da deren Einstufung als abschließend anzusehen ist. Im Einzelfall kann die zuständige Behörde allerdings nach § 3 Abs. 3 AVV eine abweichende Einstufung vornehmen, sofern der Abfallbesitzer nachweist, dass ein gefährlicher Abfall kein HP-Kriterium erfüllt. Umgekehrt kann auch die zuständige Behörde im Einzelfall nicht gefährliche Abfälle als gefährlich einstufen, wenn zumindest ein HP-Kriterium erfüllt ist.

Abfallarten mit Doppeleinträgen (Spiegeleinträge)

Als sogenannte Spiegeleinträge werden Einträge bezeichnet, die doppelt aufgeführt sind. Das sind Abfallarten, bei denen sowohl ein gefährlicher als auch ein nicht gefährlicher Abfallschlüssel in Erwägung gezogen wird. Im Einzelfall muss hier festgestellt werden, ob der Abfall gefährlich oder ungefährlich ist. Hierfür gelten die neuen gefahrenrelevanten Eigenschaften HP1 bis HP15 (früher H1 bis H15). Nr. 2 der Einleitung zur Anlage der AVV enthält unter „Bewertung und Einstufung“ dazu eine Reihe von Bewertungs- und Einstufungshinweisen. Insgesamt gibt es aktuell 378 Spiegeleinträge.

Quellen

Gefährlich oder nicht gefährlich – die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) definiert die Bezeichnung und Einstufung von Abfällen. (Foto: Fotolia, benicoma)
Gefährlich oder nicht gefährlich – die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) definiert die Bezeichnung und Einstufung von Abfällen. (Foto: Fotolia, benicoma)