Erstellen von Jahresbilanzen Interview mit Helen Goebel zur ordnungsgemäßen Dokumentation

Eine Mengen- und Kostenstatistik zeigt möglichen Handlungsbedarf auf und hilft bei der Abfrage durch die statistischen Landesämter (Foto: prachid, AdobeStock)
Eine Mengen- und Kostenstatistik zeigt möglichen Handlungsbedarf auf und hilft bei der Abfrage durch die statistischen Landesämter (Foto: prachid, AdobeStock)

Die Dokumentation gehört zu den wichtigsten Aufgaben von Abfallbeauftragten. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) schreibt zum Beispiel vor, dass Abfallbeauftragte der Geschäftsführung einen jährlichen Bericht über die Entsorgungssituation im Klinikum vorlegen müssen. Dieses Schriftstück sollte alle umgesetzten und geplanten Maßnahmen zum Thema Abfall darstellen und kann genutzt werden, um eine Übersicht bzw. Statistik der angefallenen Abfallarten und -mengen aufzuzeigen sowie die genutzten Entsorgungswege darzustellen. Helen Goebel ist als externe Abfallbeauftragte tätig und zudem Bereichs- und Seminarleiterin bei EONOVA. Wir haben mit ihr über Jahresberichte, Bilanzen und Statistiken gesprochen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die jährliche statistische Dokumentation der/des Abfallbeauftragten über die Entsorgungssituation im Krankenhaus umfasst Abfallmengen, -arten und entstandene Kosten.
  • Die Jahresbilanz dokumentiert die Entwicklung der Abfallentsorgung und gibt Aufschluss darüber, welche Maßnahmen zur Kosteneinsparung ergriffen werden können.
  • Der Jahresbericht dient als wichtige Faktengrundlage zur Einführung umweltfreundlicher und abfallvermeidender Materialien und Prozesse.

Zur Person: Helen Goebel

  • Diplom-Ingenieurin Abfallwirtschaft und Altlasten mit Vertiefung der Verfahrenstechnik
  • Bereichs- und Seminarleitung EONOVA
    Projektleiterin der Abfallwirtschaft am Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin
  • Abfallbeauftragte Unfallkrankenhaus Berlin in der Maria Heimsuchung Caritas Klinik Pankow und Milteniy Biotech
  • Projektleiterin für abfallwirtschaftliche Tätigkeiten mehrerer Biotech-Kunden, Strahlenschutzbeauftragte
  • Betriebliches Gefahrstoffmanagement
  • Gefahrgutbeauftragte
  • Mitarbeit im Leitungsgremium des Arbeitskreises Krankenhausökologie Berlin/Brandenburg

Frau Goebel, welche abfallrelevanten Daten muss der Abfallbeauftragte übers Jahr hinweg sammeln und dokumentieren?

Helen Goebel: Es empfiehlt sich, die statistischen Daten der Abfallentsorgung zu erfassen: Welche Mengen wurden entsorgt und welche Kosten sind dabei entstanden? Welche verschiedenen Abfallarten wurden gesammelt? Die Erfassung der Daten ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, stellt jedoch eine Möglichkeit dar aufzuzeigen, wo es in der Einrichtung noch Verbesserungsbedarf gibt. Hier können sämtliche Inhalte, die im gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Bericht auftauchen (geplante und getroffene Maßnahmen zur Einhaltung der Pflichten gemäß Abfallbeauftragtenverordnung) gut untermauert werden.

Außerdem fragen die statistischen Landesämter alle zwei Jahre die Abfallmengen ab. Die Dokumentation gemäß Gewerbeabfallverordnung verlangt einen Nachweis über die Mengen an Abfällen, die an Recyclingunternehmen und zur Vorbereitung zur Wiederverwendung abgegeben wurden.

Wie wichtig sind die Entsorgungsnachweise und Zertifikate?

Helen Goebel: Entsorgungsnachweise sind gesetzlich verpflichtend, wenn gefährliche Abfälle entsorgt werden. Dazu zählen in Krankenhäusern neben den infektiösen Abfällen auch Abfälle aus Labor, Pathologie und Apotheke sowie Abfälle, die bei Baumaßnahmen anfallen. Diese werden übrigens häufig vergessen!

Zertifikate sind dann wichtig, wenn Entsorgungsfachbetriebe (EfB) als Entsorger ausgewählt werden. Aber auch Betriebe, die keine EfB sind, müssen über gewisse Genehmigungen verfügen, die beweisen, dass sie eine behördlich zulässige Tätigkeit ausüben.

Raten Sie zu einer Mengen- und Kostenstatistik?

Helen Goebel: Ja, unbedingt. Sie zeigt möglichen Handlungsbedarf auf und hilft bei der Abfrage durch die statistischen Landesämter. Aufgrund der komplexen Gesetzeslage und dem zunehmenden Kostendruck hat das Abfallmanagement in medizinischen Einrichtungen generell eine größere Bedeutung bekommen. Statistiken helfen zudem heraus zu finden, wo Kosten gespart und gleichzeitig alle Gesetze eingehalten werden können.

Die Dateneingabe erfolgt häufig über ein Programm. Gibt es Empfehlungen Ihrerseits, welche Software sich besonders eignet?

Helen Goebel: Meist reicht die Dokumentation mit den üblichen Tabellen- und Textverarbeitungsprogrammen. Soll ein Programm noch mehr können, wie beispielsweise Auswertungen auswerfen oder Behälterverfolgung ermöglichen, wird es kompliziert, da in diesem Fall kundenspezifische Programme konzipiert werden müssen.

Praktisch ist die Verwendung von Vorlagen für die Anmeldung von Entsorgungen. Mit ihnen können wiederkehrende Entsorgungen schnell und einfach beauftragt werden. In einem Betriebstagebuch könnten hierzu dann Dokumente angehängt werden, wie z.B. der Scan eines Wiegescheins oder eines Quittungsbelegs.

Gibt es Ihrer Erfahrung nach Häuser, die diese Bilanzierung ohne eine EDV-gestützte Erhebung durchführen? Wo liegen hier die Fallstricke?

Helen Goebel: Ja, gewiss. Wobei sicherlich jedes Haus zumindest über eine Excel-Tabelle mit Mengen und Kosten der Abfallentsorgung verfügt. Wenn nicht, liegt genau hier der Fallstrick. Eine Bilanzierung fasst die aktuelle Situation im Krankenhaus bzw. Klinikum in einem Geschäftsjahr beispielsweise zusammen, zeigt Entwicklungen auf und kann als Rückschluss für getroffene bzw. beabsichtigte Maßnahmen dienen. Vielfältige Auswertungen zu den Abfalldaten, den Entsorgungen und den Kosten sorgen dafür, dass stets die Kontrolle über die Abfallentsorgung gewahrt bleibt. Eine umfangreiche Analyse der betrieblichen Abläufe und Prozesse ist so möglich. Außerdem können unnötige Kostentreiber identifiziert und mögliche Erlösquellen aufgezeigt werden.

In Zusammenarbeit mit der Einkaufsabteilung können sich die Entsorgungspreise der einzelnen Abfallfraktionen bestimmen lassen. Was ist hierbei zu berücksichtigen?

Helen Goebel: Die Menge der Bestellungen macht hier den Unterschied. Große Häuser haben höhere Abfallmengen als kleine Kliniken, entsprechend steigen die spezifischen Kosten bei den kleineren Einrichtungen. Mit konzeptionellen Optimierungen können dennoch auch in kleinen Häusern Entsorgungskosten dauerhaft und nachhaltig gesenkt werden. Die enge Zusammenarbeit mit anderen betrieblichen Akteuren ist als Abfallbeauftragte prinzipiell unerlässlich.

Ist der schriftliche Jahresbericht nicht auch eine gute Möglichkeit, bei der Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher und abfallarmer Verfahren und Erzeugnisse hinzuweisen?

Helen Goebel: Nicht nur eine Möglichkeit, sondern sogar eine Pflicht. Der Jahresbericht bekommt allein durch seine schriftliche Form großes Gewicht. Es gehört zu den Aufgaben eines jeden Abfallbeauftragten, auf die Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher und abfallarmer Verfahren hinzuwirken sowie das stetige Prüfen und Hinterfragen, inwiefern der betriebliche Umgang mit Abfällen weiter verbessert werden kann.

Gibt es sonst noch wichtige Dinge, die unbedingt Beachtung finden sollten?

Helen Goebel: Auf Mängel explizit hinweisen und Berichte grundsätzlich nicht als belastend, sondern als Daseinsberechtigung anzusehen. Zudem sollte jeder Abfallbeauftragte zeigen, was er kann! Zum Beispiel durch eine Präsentation der möglichen Optimierungen und eine gemeinsame Beratung und Diskussion des zukünftigen Entsorgungskonzeptes mit der Klinikleitung. Das Vermeidungs- und Verwertungspotenzial ist in Krankenhäusern beim Thema Abfall bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

Vielen Dank für das Gespräch.

Eine Mengen- und Kostenstatistik zeigt möglichen Handlungsbedarf auf und hilft bei der Abfrage durch die statistischen Landesämter (Foto: prachid, AdobeStock)
Eine Mengen- und Kostenstatistik zeigt möglichen Handlungsbedarf auf und hilft bei der Abfrage durch die statistischen Landesämter (Foto: prachid, AdobeStock)