Rund 60 Prozent aller in deutschen Krankenhäusern eingesetzten Medizinprodukte sind Einwegartikel. Grund dafür sind gesetzliche Vorgaben sowie strenge Bestimmungen zu Hygiene, Infektionsschutz und Patientensicherheit. Für viele Einrichtungen sind Einwegprodukte eine haftungssichere Lösung, denn die Verantwortung für die Sterilität liegt beim Hersteller. Trotz großer Vorteile haben sie aber auch vor allem ökologische Nachteile: Die meisten bestehen aus hochwertigen Rohstoffen wie Kunststoffen oder Metallen, die nach ihrer Verwendung in der Abfallverbrennung landen. Recycling ist in der Regel wegen komplexer Materialmixe, biologischer Verunreinigungen oder fehlender Kennzeichnungen nicht möglich. Mehrwegprodukte bieten hier ökologische Vorteile, erfordern jedoch größere Investitionen in Logistik und validierte Aufbereitungsprozesse.
Um Alternativen zur klassischen Entsorgung zu entwickeln, widmen sich verschiedene Projekte der Frage, wie Einwegprodukte in den Kreislauf zurückgegeben werden können. So erforscht das MEiK-Projekt beispielsweise, wie sich Medizinprodukte künftig recyclinggerecht gestalten lassen. Durch intelligentes Design soll eine sortenreine Trennung der eingesetzten Materialien ermöglicht werden. Auch das Whitepaper „ReMed“ des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) liefert Impulse: Es analysiert die Materialzusammensetzung gängiger Produkte und zeigt auf, wie bislang ungenutzte Kunststoffabfälle – häufig hochwertige Polymerverbindungen – künftig werkstofflich verwertet werden könnten.
Eine Studie des Ludwig Fresenius Center for Health Care Management and Regulation (CHCMR) der HHL Leipzig Graduate School of Management zeigt, dass sich bestimmte Artikel – etwa Laparoskopie-Instrumente oder chirurgische Klammergeräte – technisch mehrfach verwenden lassen, sofern die Aufbereitung unter streng kontrollierten Bedingungen erfolgt. In Deutschland ist das grundsätzlich erlaubt, wenn die Anforderungen des Medizinproduktegesetzes (MPG) und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) eingehalten werden. Dennoch ist die Praxis nicht unumstritten: Rechtliche Grauzonen, potenzielle Haftungsrisiken und ein hoher Dokumentationsaufwand sorgen für Verunsicherung. Fachleute fordern deshalb klare gesetzliche Vorgaben und praxistaugliche Leitlinien, um die Wiederverwendung sowohl sicher als auch rechtssicher zu ermöglichen.
Quellen
- zm-online: 60 Prozent aller Medizinprodukte im Krankenhaus sind Einweg!
- Fraunhofer IWU: ReMed – Mit werkstofflichem Recycling zu einer nachhaltigen Medizintechnik
- MEDICA: Recycling von Einwegprodukten in Kliniken: Nachhaltige Medizintechnik
- Gesundheitsindustrie BW: Nachhaltigkeit in der Medizintechnik: Eine besondere Herausforderung
- Hochschule Pforzheim – Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Recht: MEiK – Medizinische Einmalgebrauchsprodukte in der Kreislaufwirtschaft
- Deutsches Ärzteblatt: Aufbereitung von medizinischen Einmalprodukten: Ökonomischer Nutzen umstritten
- Deutsches Ärzteblatt: Studie empfiehlt Mehrfachnutzung von Einmalprodukten im Krankenhaus