Interview mit Erik Balmes vom Fraport AG Frankfurt Abfallentsorgung der Superlative am größten deutschen Flughafen

Erik Balmes ist am Frankfurter Flughafen verantwortlich für das operative Abfallmanagement (Foto: Fraport AG)
Erik Balmes ist am Frankfurter Flughafen verantwortlich für das operative Abfallmanagement (Foto: Fraport AG)

Am Flughafen Frankfurt sind rund 500 Unternehmen tätig. Dazu zählen neben zahlreichen Fluggesellschaften und Logistikern auch Geschäfte, Restaurants, Dienstleister und Werkstätten. Bei diesem geschäftigen Treiben fallen Abfälle aus dem Terminal- und Flugbetrieb an, die im Umfang mit denen einer größeren Stadt vergleichbar sind. 63 Tonnen Abfall entstehen am größten deutschen Verkehrsflughafen – und das täglich. Darunter befinden sich auch medizinische Abfälle und Gefahrstoffe. Den Überblick behält am Flughafen Erik Balmes, er ist verantwortlich für das operative Abfallmanagement. Mit ihm durften wir über die Entsorgungswege, Ebola und Abfälle aus Gepäckstücken sprechen.

Zur Person: Dipl. Ing. (FH) Erik Balmes

  • Leiter Infrastruktur Services im Facility Management
  • verantwortlich u.a. für das operative Abfallmanagement

Gummiabrieb, Flüssigkeiten aus der Sicherheitskontrolle, Essensreste, Verpackungsmüll, Spraydosen oder Feuerzeuge: Wie viele verschiedene Abfallarten fallen am Frankfurter Flughafen eigentlich an und wie ist hierbei die Mengenverteilung?

Erik Balmes: Die Bandbreite der Abfallarten ist groß – am Flughafen Frankfurt fallen 142 verschiedene Abfälle an. Den größten Anteil daran machen nicht gefährliche Abfälle aus, sondern meist sind das gemischte Verpackungen. Denen folgen mit großem Abstand Fettabscheider, Klärschlamm sowie Papier und Pappe. Die Kategorie der gefährlichen Abfälle führen Benzinabscheider-Gemische an, danach kommen Spülbohrschlämme, Altöl, Bleibatterien und Gummiabrieb.

Unter den Abfällen befinden sich auch Gefahrstoffe. Welche Regelungen gelten hier und wie wird damit umgegangen?

Erik Balmes: Gefahrstoffe werden an der Sicherheitskontrolle oder bei der Kontrolle der Gepäckstücke gesammelt. Alle Gegenstände werden regelmäßig zum zentralen Abfallhof der Fraport (ehemals Flughafen Frankfurt/Main AG) transportiert und dort ordnungsgemäß zwischengelagert bzw. fachgerecht entsorgt. Zusätzlich fallen Gefahrstoffe bei der Arbeit in den Werkstätten an. Diese gefährlichen Abfälle müssen in speziellen Containern getrennt gelagert werden, sie dürfen nicht mit hausmüllähnlichen Abfällen zusammen gelagert oder entsorgt werden. Zu diesen Stoffen zählen u.a. Altöle, Lösungsmittel, Batterien oder Leuchtstoffröhren. Sie enthalten die meisten Wertstoffe und werden für die Weiterverwertung in einer zugelassenen Verwertungsanlage abgeholt.

Beschreiben Sie bitte den typischen Weg der Abfälle vom Ort des Anfallens bis zur Entsorgung am Flughafen.

Erik Balmes: Die Abfälle aus den Abfalleimern der einzelnen Terminals werden durch den Gebäudereiniger geleert und im zentralen Abfallhof des Terminals getrennt gesammelt bzw. durch einen Entsorger regelmäßig abgeholt. Für die verschiedenen Abfallarten gelten dabei unterschiedliche Intervalle: Die Abholung von Abfällen, die zum „Grünen Punkt“ zählen, erfolgt zweimal die Woche, die von Papier und Restmüll täglich und von Altölen alle zwei Wochen.
Die Abfälle aus der Kabinenreinigung der Flugzeuge werden durch den Reinigungsdienstleister gesammelt und zu einem der zentralen Abfallsammelstellen gebracht. Im Vorfeld fallen aktuell Restmüll, Lebensmittelreste (KAT1 Abfälle) und Kunststoff an. Die Werkstätten sind mit entsprechenden Abfallbehältern für die Sammlung von Papier, Metall, Holz, Betriebsstoffen (Altöl, Bremsflüssigkeit etc.) und Restmüll ausgestattet. Der gesammelte Abfall wird im Anschluss zu Sortieranlagen gebracht. Eine Ausnahme gilt bei Elektroschrott: Durch seinen Anteil an wiederverwertbaren, wertvollen Rohstoffen wird er bei Spezialfirmen abgegeben, die sich um das Recycling kümmern.

Medizinische Abfälle am Flughafen

Medikamente im Handgepäck, Spritzen von Diabetikern, Einsätze der Rettungssanitäter am Flughafen. Auch medizinische Abfälle fallen am Flughafen zahlreich an. Welche sind das konkret und was passiert mit ihnen?

Erik Balmes: Der Abfall der medizinischen Dienste, d. h. des Rettungsdienstes und der Notfallambulanz (Flughafenklinik), wird unter Beachtung des Hygieneplans in geeigneten und zugelassenen Behältern gelagert und anschließend unserem Dienstleister übergeben. Dieser verbringt die Abfälle zu den jeweiligen Behandlungs- und Entsorgungsanlagen. Vor Corona hatten wir im Bereich der medizinischen Dienste Abfälle, an deren Sammlung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden mussten. Mit Corona und den implementierten Testcentern gibt es nun auch Abfälle, die auf Grund der infektionspräventiven Anforderungen getrennt gesammelt und beseitigt werden. In den neu errichteten Testcentern gibt es Abfallsammelbehälter, die dann getrennt gesammelt und der Beseitigung (Verbrennung) zugeführt werden.

Der Flughafen ist ein internationales Drehkreuz und verfügt über eine Flughafenklinik mit 30.000 bis 50.000 Patienten pro Jahr. Welche medizinischen Abfälle fallen hier an?

Erik Balmes: Zu den medizinischen Abfällen zählen spitze und scharfe Gegenstände, wie z. B. Spritzen und Altmedikamente. Außerdem fallen infektiöse und nicht infektiöse Abfälle an. Zu den nicht infektiösen Abfällen gehören unter anderem Wundverbände, Wäsche und Einwegkleidung. Im Grunde genommen haben wir hier die gleichen Abfälle, wie in jedem anderen Krankenhaus auch.

Medizinischen Risikomanagement am Flughafen

Mehr als 1.400 Flugzeuge starten und landen normalerweise täglich in Frankfurt. Aktuell sind es aufgrund der Pandemie deutlich weniger. Grundsätzlich muss auch hier sichergestellt werden, dass sich keine Erreger übertragbarer Krankheiten verbreiten. Was wird unternommen, um Ebola oder jetzt auch Corona zu vermeiden und Infektionsketten zu unterbrechen?

Erik Balmes: Lebensmittelreste aus tierischen Erzeugnissen werden im Flugzeug im Rahmen der Kabinenreinigung separat gesammelt. Zu diesem sogenannten KAT1-Prozess gibt es einen behördlich genehmigten und kontrollierten Prozess. Dies ist der wesentliche Vorgang, um übertragbare Krankheiten zu vermeiden. Des Weiteren gibt es bei Fraport einen Notfallplan bei Infektionsverdacht, wie zum Beispiel mit Ebola. Es ist sehr detailliert geregelt, wie in diesem Fall mit den Abfällen umzugehen ist.
Um die Ausbreitung von Corona zu vermeiden gelten ohnehin zahlreiche Infektionsschutzmaßnahmen, die sich auch auf Einreisebestimmungen auswirken. Hierzu sind wir im engen Austausch mit den zuständigen Behörden und setzen alle Anforderung um.

Entsorgung in der Flugzeugabfertigung

Welche Abfälle entstehen im Bereich der Flugzeugabfertigung im Vorfeld?

Erik Balmes: Hier muss man zwischen den Abfällen aus dem Passagier- und dem Cargo-Prozess unterscheiden. Bei den ankommenden Flugzeugen erfolgt die Abfallentsorgung aus der Passagierkabine durch Reinigungsdienstleister. Im Wesentlichen fallen dabei Abfälle in den folgenden Abfallfraktionen an: übermäßig PET-Flaschen (Wasserflaschen), Restmüll (Abfälle aus der Toilette, Kopfhörer, Textilien, Leichtverpackungen etc.) und Kat1-Abfälle (aus tierischen Nebenprodukten). Papier fällt nur noch wenig an, da der größte Teil der Airlines auf E-Paper umgestellt haben. Spezielles Augenmerk richten wir aktuell auf die PET-Flaschen, die im Flugzeug ausgegeben werden. Auf Grund des großen Restinhalts an Flüssigkeiten stellen diese einen bedeutsamen, prozentuellen Gewichtsanteil im Abfall dar.

Im Bereich der Cargo-Abfertigung fallen bei der Beladung regelmäßig große Mengen an Wetterschutzfolien an. Aktuell läuft am Flughafen ein Pilotprojekt, bei dem auf ausgewählten Positionen die anfallenden Folien in separaten Abfallbehältern gesammelt werden. Die ersten zwei Monate waren sehr erfolgreich, so dass wir wahrscheinlich auch zukünftig die Folien separat und flächendeckend sammeln. Sie landen dann nicht mehr im Restabfall. Mit dieser Maßnahme möchten wir die Folien wieder zurück in den Recyclingkreislauf führen.

In Frankfurt werden die Gepäckstücke zu 100 Prozent kontrolliert. Welche Gegenstände bzw. Dinge fallen dabei an, die Sie anschließend entsorgen müssen?

Erik Balmes: Das ist richtig, in Frankfurt erfolgt eine hundertprozentige Kontrolle der Gepäckstücke. Das heißt, alle ausgehenden bzw. auch alle eingehenden Koffer werden auf ihren Inhalt kontrolliert. Gefährliche Gegenstände, die per Vorschrift nicht im Flugzeug mitgeführt werden dürfen, werden dabei vom Sicherheitspersonal aussortiert. Im Wesentlichen werden an das operative Abfallmanagement zur fachgerechten Entsorgung dabei die folgenden Dinge übergeben: Feuerzeuge (Lagerung zur Entsorgung in Granulat), Spraydosen (Lagerung zur Entsorgung in festen und belüfteten Kisten), Power-Banks / E-Zigaretten (hier werden speziell die Kontakte abgeklebt, so dass ein Kurzschluss bei der Lagerung ausgeschlossen werden kann), Feuerwerkskörper/Streichhölzer (diese werden „gewässert“ und in einer Tonne gelagert), Munition (geht zur Bundespolizei), Gaskartuschen (Campinggas), undefinierbare Flüssigkeiten (Sondermüll). Die aufgezählten Dinge werden im Wertstoffhof des Flughafens in einem Gefahrstoffcontainer gelagert und regelmäßig entsorgt. Alle Gegenstände mit einem geschätzten Wert von mehr als 50 Euro gehen ins Fundbüro (z. B. E-Bike-Akkus, Geräte die einen Verbrennungsmotor haben (Kettensäge), Hoverboards, Handys und Laptops etc.).

Vielen Dank für das Gespräch.

Erik Balmes ist am Frankfurter Flughafen verantwortlich für das operative Abfallmanagement (Foto: Fraport AG)
Erik Balmes ist am Frankfurter Flughafen verantwortlich für das operative Abfallmanagement (Foto: Fraport AG)