Nosokomiale Infektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen medizinischer Behandlungen. Medizinische Einrichtungen tun ihr Möglichstes, um diese zu vermeiden und eine Weiterverbreitung zu verhindern. Wie die Prävention im Detail zu erfolgen hat, legt die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) fest. Das nach § 23 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gesetzlich vorgeschriebene Expertengremium formuliert regelmäßig sogenannte Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen. Das Robert Koch-Institut, bei dem die KRINKO angesiedelt ist, gibt die Leitlinien heraus. Veröffentlicht in der Zeitschrift „Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz“ und auf der RKI-Website, sollen sie in allen medizinischen Einrichtungen Anwendung finden.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die KRINKO-Kommission existiert auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und erarbeitet Maßnahmen zur Vorbeugung nosokomialer Infektionen.
- Alle Empfehlungen werden im „Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz“ und auf der Websites des Robert Koch-Instituts veröffentlicht.
- Leiter von medizinischen Einrichtungen sind für deren Einhaltung verantwortlich.
Eine nosokomiale Infektion ist nach dem Infektionsschutzgesetz (§2) definiert als „eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand“. Grundsätzlich ist jede medizinische Maßnahme mit einem Infektionsrisiko verbunden. Deshalb sind die KRINKO-Empfehlungen von so elementarer Bedeutung. Unter Berücksichtigung aktueller infektionsepidemiologischer Auswertungen unterliegen sie einer stetigen Weiterentwicklung. Dafür tritt die Kommission mindestens vier Mal im Jahr zusammen. Für die Einhaltung ihrer Empfehlungen sind die Leiter der in § 23 Abs. 3 Satz 1 IfSG genannten medizinischen Einrichtungen verantwortlich.
Evidenzkategorien der Empfehlungen
Um Kliniken, Praxen und anderen medizinischen Einrichtungen die wissenschaftliche Grundlage der Empfehlungen zu verdeutlichen und Entscheidungsspielräume aufzuzeigen, sind die KRINKO-Empfehlungen nicht nur mit Literaturangaben, sondern auch mit Evidenzkategorien versehen:
- Kategorie IA: Diese Empfehlung basiert auf gut konzipierten systematischen Reviews oder einzelnen hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien.
- Kategorie IB: Diese Empfehlung basiert auf klinischen oder hochwertigen epidemiologischen Studien und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen.
- Kategorie II: Diese Empfehlung basiert auf hinweisenden Studien/Untersuchungen und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen.
- Kategorie III: Maßnahmen, über deren Wirksamkeit nur unzureichende oder widersprüchliche Hinweise vorliegen, deshalb ist eine Empfehlung nicht möglich.
- Kategorie IV: Anforderungen, Maßnahmen und Verfahrensweisen, die durch allgemein geltende Rechtsvorschriften zu beachten sind.
Einige Empfehlungen sind mit dem Zusatz „bewährte klinische Praxis“ gekennzeichnet. Damit ist keine weitere Evidenzkategorie gemeint, sondern ein in der klinischen Praxis bewährtes und gut etabliertes, vernünftig erscheinendes Vorgehen, das nicht dezidiert in klinischen Studien untersucht wurde. Der ebenso mögliche Zusatz „Evidenz aus Präventionsbündelstudien“ bezieht sich auf die Ergebnisse multizentrischer Studien oder multiple, methodisch sehr ähnliche Einzelzentrumsstudien, in denen eine Überprüfung der Compliance mit dem jeweiligen Präventionsbündel erfolgte (führt ggf. zu einer Kategorie IB).
Neueste Empfehlungen der KRINKO (2016-2023)
- Personelle und organisatorische Voraussetzungen für die Prävention nosokomialer Infektionen, 2023 (Empfehlung hier lesen)
- Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen, Bundesgesundheitsblatt 2022 (Empfehlung hier lesen)
- Impfungen von Personal in medizinischen Einrichtungen in Deutschland, 2021 (Empfehlung hier lesen)
- Infektionsprävention bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten, 2021 (Empfehlung hier lesen)
- Anforderungen der Hygiene an abwasserführende Systeme in medizinischen Einrichtungen, 2020 (Empfehlung hier lesen)
- Surveillance von nosokomialen Infektionen, 2020 (Empfehlung hier lesen)
- Hygienemaßnahmen bei Clostridioidesdifficile-Infektion (CDI), Bundesgesundheitsbl 2019 (Empfehlung hier lesen)
- Hygienemaßnahmen zur Prävention der Infektion durch Enterokokken mit speziellen Antibiotikaresistenzen, Bundesgesetzblatt 10/2018 (Empfehlung hier lesen)
- Prävention von Gefäßkatheter-assoziierten Infektionen bei Früh- und Neugeborenen, Bundesgesundheitsblatt 05/2018 (Empfehlung hier lesen)
- Prävention postoperativer Wundinfektionen, Bundesgesundheitsblatt 04/2018 (Empfehlung hier lesen)
- Prävention von Infektionen, die von Gefäßkathetern ausgehen, Bundesgesundheitsblatt 02/2017 (Empfehlung hier lesen)
- Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens, Bundesgesundheitsblatt 09/2016 (Empfehlung hier lesen)
Empfehlungen zur Händehygiene
Wenngleich die Händehygiene als wichtigste Maßnahme der Basishygiene integraler Bestandteil aller KRINKO-Empfehlungen ist, veröffentlichte die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention im September 2016 die Empfehlung „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“, eine Aktualisierung und Erweiterung der Empfehlung aus dem Jahr 2000. Während die alte Empfehlung drei Seiten umfasste, sind es in der aktuell gültigen 2016er-Version 23 Seiten (ohne Literaturverzeichnis). Der deutlich größere Umfang ist ein Indiz für die gestiegene Relevanz der Händehygiene bei der Prävention nosokomialer Infektionen.
Wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft zusammenfasst, adressiert die Händehygiene-Empfehlung insbesondere:
- die Indikationen der hygienischen und der chirurgischen Händedesinfektion,
- die Indikationen für nicht sterile und sterile medizinische Einmalhandschuhe,
- die Indikationen und Voraussetzungen für die Händewaschung,
- Anforderungen an Spender für Händedesinfektionsmittel und Handwaschpräparate,
- erforderliche flankierende Maßnahmen wie Hautschutz und -pflege,
- Maßnahmen zur Qualitätssicherung mit dem Schwerpunkt der Interventionsmöglichkeiten zur Verbesserung der Compliance der hygienischen Händedesinfektion und
- rechtliche Aspekte.
In der Einleitung weist die Kommission darauf hin, dass im Hygieneplan alle Maßnahmen der Händehygiene – in Abhängigkeit von den Arbeitsaufgaben und den Besonderheiten der zu betreuenden Patienten – im Detail festzulegen sind. Jeder Mitarbeiter muss aktenkundig in den Plan eingewiesen werden und jederzeit Zugang dazu haben. An Händedesinfektionsplätzen sollte ein Händehygieneplan in wischdesinfizierbaren Schutzhüllen oder in laminierter Form angebracht werden. Ferner sind Patienten und Besucher durch geeignete Aufklärungsmaßnahmen für das Thema zu sensibilisieren und damit einzubeziehen.
Quellen
- Robert Koch-Institut: Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO)
- Robert Koch-Institut: Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO)
- Robert Koch-Institut: Mitglieder der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
- Robert Koch-Institut: Geschäftsordnung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut
- Robert Koch-Institut, Prof. Dr. med. Mardjan Arvand: Die neuesten Empfehlungen aus der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
- Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO): Prävention von Gefäßkatheter-assoziierten Infektionen bei Früh- und Neugeborenen, Bundesgesundheitsblatt 05/2018 (PDF)
- Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz: Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG)
- Deutsche Krankenhausgesellschaft: Kernaufgabe für jeden Mitarbeiter im Krankenhaus