Daseinsvorsorge Krankenhäuser als Spiegel kommunaler Strukturen

Klinikalltag im Hintergrund (Foto: jakkapan)
Krankenhäuser sind eine tragende Säule der kommunalen Daseinsvorsorge, erinnern aber auch selbst an kleine, eigenständige Kommunen. (Foto: jakkapan)

Kliniken sind nicht nur ein wesentlicher Bestandteil der kommunalen Infrastruktur in Städten und Gemeinden, sondern auch selbst in ihrer Organisation und ihren Belangen einer kleinen Kommune mit,gemeinschaftlichen Aufgaben gleichzusetzen. Neben der medizinischen Versorgung als Hauptaufgabe von Krankenhäusern stehen eben auch Wasser- oder Energiemanagement, Abwasser- und Abfallwirtschaft, Digitalisierung oder Mobilität im Fokus. Patientinnen und Patienten sollten hier ebenfalls in allen Bereichen eine optimale Daseinsvorsorge erhalten. Daher lohnt es sich für Abfallbeauftragte von Krankenhäusern auch die diesjährige IFAT im Blick zu behalten, denn die Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft hat sich unter anderem den Schwerpunkt „Zukunftsfähige kommunale Kreislaufwirtschaft“ gesetzt. Vom 13. bis 17. Mai findet die IFAT auf dem Messegelände in München statt und bietet gerade Recycling- und Umweltbeauftragten Innovationen und Technologien zum Anfassen.

Die Notwendigkeit einer Gesundheits- respektive Krankenhausreform ist gesellschaftspolitischer Konsens und sorgt seit vielen Jahren für ausreichend Diskussionsstoff. Die Gemengelage ist komplex, verschiedenste Faktoren müssen in Einklang gebracht, der richtige Weg und damit auch tragfähige Kompromisse gefunden werden. Am 10. Juli 2023 haben sich hierzu Bund und Länder auf programmatische Eckpunkte geeinigt: Eine Entökonomisierung und Entbürokratisierung des Gesundheitssystems steht dabei ebenso im Fokus wie die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität. Das zentrale Ziel soll die dauerhafte Gewährleistung der Versorgungssicherheit – sprich die Daseinsvorsorge – in möglichst umfänglichem Maße sein.

Kliniken als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge

Speziell im kommunalen Kontext gehören Krankenhäuser zu den tragenden Säulen der Daseinsvorsorge. Mit der Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Rolle als große Arbeitgeber in der Region erfüllen sie in Kommunen essenzielle Aufgaben der Grundversorgung. Gleichzeitig erinnern sie mit ihrer innerbetrieblichen Organisation aber auch selbst an die Infrastrukturen einer Kommune.

Krankenhäuser müssen innerhalb ihrer Einrichtungen Strukturen und Konzepte aus der Daseinsvorsorge implementieren, um ihre eigentliche Aufgabe – die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger – sicherstellen zu können. Viele Aspekte der Daseinsvorsorge wie Mobilität, Bildung, Gesundheit, Energie, Wasser und das Abfallmanagement spiegeln sich in Krankenhäusern wider. Aufgaben, die in Kommunen mit kommunalwirtschaftlichen Betrieben gewährleistet werden, übernehmen in Kliniken Abfallwirtschaft, Facility-Management, Catering und andere Abteilungen im kleineren Maßstab. Zudem ist ein Krankenhaus ein integraler Faktor kreislaufwirtschaftlicher Umstrukturierungsprozesse und muss diesen entsprechend Rechnung tragen. Das birgt Herausforderungen auf vielen Ebenen.

Logistik und Mobilität im Hintergrund der medizinischen Daseinsvorsorge

Eine zentrale Rolle der Krankenhausorganisation nehmen Logistik und damit zusammenhängende Mobilitätsprozesse ein, sodass die optimale Versorgung der unterschiedlichen Bedarfs- und Leistungsstellen eines Krankenhauses unter rechtlichen, medizinischen, zeitlichen, wirtschaftlichen, qualitativen und hygienischen Gesichtspunkten sichergestellt werden kann. Hier verfahren die Kliniken gemäß der Regelziele der Logistik: Das richtige Produkt bzw. die richtige Dienstleistung muss zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in der richtigen Menge, zum richtigen Preis und auch in der richtigen Qualität vorhanden sein. Um diese Aufgabe zuverlässig umsetzen zu können, fokussieren sich Kliniken auf die Waren-, Personen und Informationsströme in den Einrichtungen. Mit der Festlegung konkreter Nachhaltigkeitsziele übernehmen sie aktiv Verantwortung und leisten einen entscheidenden Beitrag für das große Ziel Treibhausgasneutralität.

Warenlogistik sichert Patientenversorgung

Die Warenlogistik umfasst alle internen sowie externen Prozesse, benötigte Waren aller Art – hierzu gehören u. a. Materialströme aus der Sterilgutaufbereitung, Apotheke, dem Labor, der Speisenversorgung sowie dem Abfallmanagement – zur gewünschten Station zu liefern. Auch wenn Krankenhäuser gerade im Bereich umweltfreundliche Mobilität nur wenig Einfluss auf externe Dienstleister nehmen können, lässt sich der eigene Fuhrpark bedeutend einfacher ressourcenschonend ausrichten. So stellt beispielsweise eine zentrale Warenannahmestelle mit Wirtschafts- und Entsorgungshof eine Schnittstelle für externe Dienstleister dar. Von dieser ausgehend, können die Waren nachhaltig mit Elektrofahrzeugen oder Lastenrädern verteilt werden. Letztere kommen beispielsweise im Uniklinikum Münster zum Einsatz.

Mobilität: Ein wichtiges Logistikthema im Klinikalltag

Die Personenlogistik in Kliniken ist ein besonders breitgefächerter Bereich, da sowohl Patientinnen und Patienten, Besucherinnen und Besucher als auch Mitarbeitende auf dem Gelände unterwegs sind. Dabei erzeugen die medizinischen sowie persönlichen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, aber auch die Nachhaltigkeitsbestrebungen der Einrichtungen komplexe und sich ständig ändernde Anforderungen, was die Organisation dieses Logistikstroms zunehmend erschwert. Hier ist es Aufgabe der Kliniken, im Sinne der Daseinsvorsorge Strukturen zu schaffen, um reibungslos und nachhaltig Personen zu ihrem Bestimmungsort zu bringen. Möglichkeiten wären beispielsweise die Nutzung eines E-Shuttle-Services oder autonomer Kleinbusse wie an der Charité oder die Bereitstellung einer Schnellladeinfrastruktur für E-Autos wie an unterschiedlichen Standorten der Sana Kliniken. Viele Krankenhäuser geben zudem Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitenden Anreize, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad anzureisen.

Digitalisierung zur Prozessvereinfachung im Krankenhaus

Ein weiteres wichtiges logistisches Thema: die Organisation der Informationsströme zum elektronischen, schriftlichen oder mündlichen Austausch relevanter Daten. Im Zuge der Digitalisierung stellen viele Kliniken ihre Kommunikation auf digitale Tools um. Die Transformation soll den Austausch zwischen verschiedenen Prozessbeteiligten vereinfachen, den dauerhaften Zugang zu entscheidenden Informationen ermöglichen, eine Personalentlastung darstellen und damit die eigentlichen Aufgaben der Klinik im Sinne der Daseinsvorsorge erleichtern. Gerade im Kontext des aktuellen Fachkräftemangels ist dieser Punkt entscheidend. Auch wenn viele Kliniken bereits auf digitale Lösungen umgestellt haben, fehlen beträchtliche finanzielle Mittel. Zudem ist die Digitalisierung und damit die Organisation der Informationsströme in Kliniken ein großes Thema der Krankenhausreform.

Effektives Energiemanagement im Gesundheitswesen

Kliniken gelten vor allem im Bereich Energie und Strom als Großverbraucher, weshalb im Gesundheitswesen die Prämisse gilt, diese Ressourcen deutlich zu reduzieren. Hauptziel ist es, laut einer Klimaschutz-Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), den Primärenergiebedarf der Krankenhäuser einzudämmen. Hierunter fällt unter anderem die für die Lüftung, Klimatisierung und Heizung benötigte Energie. Um Ressourcen erfolgreich zu reduzieren, müssen die Klinikverantwortlichen eine genaue Energiebilanz aufstellen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die CO2-Folgekosten, welche von großer volkswirtschaftlicher Relevanz für die Einrichtungen sind.

Laut der Studie von DKI und DKG eignen sich vor allem Erdwärmesonden, um das Energieproblem in den Einrichtungen zu reduzieren. Als besonders ressourcensparend werden auch Laufzeitoptimierungen an raumlufttechnischen Anlagen sowie die Nutzung von Zeitschaltungen oder Präsenzmeldern angesehen. Kliniken könnten außerdem überlegen, ob Teilbereiche der Energieversorgung an professionelle Dienstleister ausgegliedert werden sollten. Dieses sogenannte Contracting kann dazu beitragen, Krankenhäuser schnell und effizient energetisch zu sanieren. Konkrete Maßnahmen können beispielsweise im Bereich der zentralen Anlagentechnik, Beleuchtung oder im Wärme- und Kältenetz umgesetzt werden.

Ein effektives Energiemanagement kann dazu beitragen, den Energieverbrauch zu optimieren und Kosten zu senken, ohne die Patientenversorgung und damit die Rolle der Klinik als wichtigen Baustein der kommunalen Daseinsvorsorge zu beeinträchtigen. Laut einer Erhebung der Stiftung Münch sollen bereits einfache Maßnahmen wie das Abschalten nicht benötigter Geräte, eine ressourcenschonende Beleuchtung und die regelmäßige Wartung strombenötigender Geräte den Grundstein für große Einsparungen legen.

Wasserversorgung als Grundpfeiler im Krankenhaus

Kliniken haben nicht nur im Bereich Energie einen großen Verbrauch, sondern benötigen täglich pro Bett auch mehr als 300 Liter Wasser. Das ist das zweieinhalbfache von dem, was Privatpersonen täglich benötigen. Diese Ergebnisse korrespondieren mit einem Gutachten des Deutschen Krankenhausinstitutes: Auf das ganze Jahr gerechnet, verbraucht ein Klinikbett laut der Erhebung 113,75 Kubikmeter Frischwasser und sorgt für eine Abwassermenge von durchschnittlich 108,32 Kubikmetern. Pro Klinikbett können dementsprechend bis zu 500 Liter Wasser pro Tag anfallen. Damit belaufen sich allein die Kosten für die Wasserversorgung eines Patientenbettes auf knapp über 460 Euro. Hier muss aber bedacht werden, dass sich diese Zahlen nicht nur aus dem unmittelbar patientenbezogenen Wasserverbrauch, sondern auch in anderen Bereichen der Patientenversorgung – wie im Labor oder bei der Dampfsterilisation – ergeben.

Kliniken sollten mit der Ressource Wasser nicht nur sehr gewissenhaft umgehen, sondern auch bei Abwasser auf mehrere Sicherheitsaspekte achten. Hier tragen Krankenhäuser sowohl ihren Mitarbeitenden und Patientinnen und Patienten als auch den Bürgerinnen und Bürgern rund um die Einrichtungen gegenüber eine große Verantwortung. Besonders Rückst.nde von Arzneimitteln im Abwasser sind eine Gefahr für die biologische Klärstufe. Ein häufiges Problem in Bestandsbauten sind zudem Keime wie Legionellen in den Leitungen. Mithilfe starker Oxidationsmittel wie Ozon oder Wasserstoffperoxid können solche organischen Verunreinigungen aber zuverlässig abgetötet werden. Hier wird aktuell an weiteren nachhaltigen und wasserfreundlichen Lösungen geforscht: Das Fraunhofer IST hat beispielsweise spezielle elektrochemische Prozesse entwickelt, mit denen auf Chemikalien zur Abwasserreinigung verzichtet werden kann. Diese Maßnahmen der Abwasserbehandlung sorgen dafür, Umweltbelastungen zu reduzieren und die öffentliche Gesundheit zu schützen.

Nachhaltige Wasserwirtschaft im Krankenhaus

Der hohe Wasserverbrauch in Kliniken macht deutlich, dass Maßnahmen für mehr Wassereffizienz priorisiert werden sollten. Ein Projekt ist hier beispielsweise das Prosper-Hospital, welches von der Kanalisation abgekoppelt wurde und eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung implementiert hat. Diese Ideen reduzieren den Sanierungsbedarf des Kanalnetzes und sparen der Klinik zusätzlich jährlich bis zu 30.000 Euro an Abwassergebühren ein. Durch verschiedene Wasser- und Bepflanzungselemente innerhalb des Klinikgeländes konnte zusätzlich ein internes Ökosystem geschaffen werden, von welchem das Grundwasser sowie der naturnahe Wasserkreislauf und damit auch die gesamte Kommune profitiert.

Eine nachhaltige Wasserwirtschaft im Krankenhaus trägt nicht nur zur Umweltverträglichkeit bei, sondern kann auch langfristig deutliche Kosteneinsparungen und betriebliche Effizienzgewinne erzielen. Indem Krankenhäuser verantwortungsvoll mit der Ressource Wasser umgehen und entsprechende Krisenvorsorge betreiben, können sie ihre ökologische Verantwortung wahrnehmen und gleichzeitig die Gesundheit und Sicherheit aller Beteiligten und damit ihre Aufgabe in der Daseinsvorsorge gewährleisten.

Effektives Abfallmanagement im Sinne Kreislaufwirtschaft

Vermeidung, Recycling, energetische Verwertung und sichere Beseitigung von Abfällen gehören zu den Grundpfeilern der modernen Kreislaufwirtschaft. Dies ist gerade für Kliniken, die als einer der größten Abfallproduzenten Deutschlands gelten, besonders wichtig. Medizinische Einrichtungen versuchen all diese Aspekte zuverlässig in ihren Entsorgungskonzepten umzusetzen, allerdings gestaltet sich vor allem die Abfallvermeidung aufgrund der Sicherheit für Patientinnen und Patienten sowie der Mitarbeitenden schwierig. Krankenhäuser entscheiden sich aus Gründen der Sicherheit, Hygiene, aber auch der Wirtschaftlichkeit vermehrt für den Einsatz von Einmalprodukten, die das Abfallvolumen der Einrichtungen deutlich erhöhen. Die Aufbereitung von Mehrweginstrumenten, welche im Regelfall eine nachhaltigere Alternative darstellen würde, bindet personelle und finanzielle Ressourcen, die Kliniken – vor allem beim aktuellen Fachkräftemangel – nur selten in ausreichender Menge zur Verfügung stellen können.

Ist es nicht möglich, bestimmte Abfälle – beispielsweise aufgrund einer notwendigen Behandlung – einzusparen, müssen Kliniken diese im Sinne der Kreislaufwirtschaft verwerten. Hier gilt an erster Stelle, die verschiedenen Abfälle gemäß ihrer Abfallschlüssel zu trennen und damit das Recycling zu ermöglichen. Um eine effektive Kreislaufwirtschaft im Abfallmanagement von Krankenhäusern zu erreichen, sind umfassende Schulungen für das Personal, klare Richtlinien und Verfahren, Investitionen in Recyclinginfrastruktur sowie die Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Recyclingunternehmen erforderlich. Viele Kliniken testen zudem bereits nachhaltige Produktlösungen, nutzen Rücknahmesysteme für Geräte oder geben beispielsweise Kunststoffabfälle in den Recyclingkreislauf, damit daraus Rezyklate als Recyclingrohstoffe hergestellt werden können. Trotz dieser Projekte braucht es im Gesundheitswesen weitere (technologische) Innovationen, regulatorische Anpassungen und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Gesundheitseinrichtungen, Herstellern und Abfallentsorgern.

Kreislaufwirtschaft als wichtiger Teil der Daseinsvorsorge

Insgesamt bietet die Kreislaufwirtschaft einen ganzheitlichen Ansatz für die Daseinsvorsorge, der die Bedürfnisse von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt miteinander verbindet. Das spiegelt auch die Umsetzung der Abfallentsorgungskonzepte in Kliniken wider. Mit der Förderung der nachhaltigen und ressourceneffizienten Entsorgung begegnen Krankenhäuser als auch Kommunen gleichermaßen aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz. Zusätzlich übernehmen sie mit der Integration von Kreislaufwirtschaftsprinzipien nicht nur eine ökologische Verantwortung, sondern können auch langfristige Vorteile für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung und ihrer internen Finanzen erzielen.

Wie das gelingen kann, zeigen Expertinnen und Experten auf der diesjährigen IFAT in Aktion und mit Exponaten zum Anfassen.

Quellen

Klinikalltag im Hintergrund (Foto: jakkapan)
Krankenhäuser sind eine tragende Säule der kommunalen Daseinsvorsorge, erinnern aber auch selbst an kleine, eigenständige Kommunen. (Foto: jakkapan)