Praxisabfall Abfallmanagement in der Arztpraxis

Medizinische Angestellte nimmt einer Patientin Blut ab. (Bild: stefanamer)
In der medizinischen Versorgung spielt auch das Management medizinischer Abfälle eine wichtige Rolle, um die Sicherheit von Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden zu gewährleisten – dies gilt ebenso für die Versorgung in Arztpraxen. (Bild: stefanamer)

Das Abfallmanagement in Arztpraxen muss zwei Dinge verbinden: Es soll sich ohne großen Aufwand in den Praxisalltag einfügen und gleichzeitig alle gesetzlichen Vorgaben einhalten. Priorität hat dabei immer die Sicherheit der Patientinnen und Patienten sowie des Personals. Dieses Austarieren von Effizienz und Sicherheit ist auch eine logistische Herausforderung. Wie diese umzusetzen ist und welche Vorschriften unbedingt zu beachten sind, ist im Folgenden skizziert.

Für das Abfallmanagement in medizinischen Einrichtungen sind zahlreiche gesetzliche Regelungen zu berücksichtigen. Diese finden sich etwa im Infektionsschutzgesetz (IfSG), der Biostoffverordnung (BioStoffV) oder im Leitfaden zur Abfallentsorgung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 18. Vor allem letzterer markiert eine praxisnahe Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes.

Prävention nosokomialer Infektionen und Hygienemaßnahmen

Eine gute Orientierung für den Praxisbetrieb bieten die Empfehlungen von der Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe (KRINKO). Der auf § 23 Abs. 1 IfSG basierende alltagspraktische Maßnahmenkatalog zielt darauf ab, nosokomiale Infektionen in medizinischen Einrichtungen zu verhindern. Er berücksichtigt auch den Umgang mit Abfällen sowie organisatorische und bauliche Aspekte.

Alle diese Regeln und Empfehlungen richten sich nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Danach ist die Arztpraxis als Abfallerzeuger für ihren Abfall verantwortlich (§ 22 KrWG). Besonders für medizinische Abfälle müssen dabei spezielle gesetzliche Vorgaben eingehalten werden.

Medizinische Abfälle aus Arztpraxen und wichtige Abfallschlüssel

In Arztpraxen fallen vielfältige medizinische Abfälle an, die ggf. auch nach besonderen Sicherheitskriterien zu behandeln sind. Als medizinische Abfälle gelten unter anderem:

  • Verbandsmaterial
  • Spritzen, Kanülen, Injektionsnadeln, Skalpelle
  • Infusionsbehälter
  • Handschuhe, Tupfer
  • Desinfektionsmittel
  • Laborchemikalien
  • Röntgenbilder und -filme
  • Blutbeutel und Blutkonserven
  • Körperteile und Organe (nach ambulanten Eingriffen)
  • infektiöse Abfälle

In der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) sind die Abfälle je nach Herkunft, Art, Beschaffenheit und Zusammensetzung ihrer jeweiligen Abfallart zugeordnet, die ihrerseits mit einem Abfallschlüssel (AS) versehen ist. Gefährliche Abfälle sind darüber hinaus mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Für medizinische Abfälle aus der Humanmedizin listet das AVV folgende Abfallschlüsselnummern:

  • 180101: spitze oder scharfe Gegenstände (außer 180103*)
  • 180102: Körperteile und Organe, einschließlich Blutbeutel und Blutkonserven (außer 180103*)
  • 180103*: Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden
  • 180104: Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden (zum Beispiel Wund- und Gipsverbände, Wäsche, Einwegkleidung, Windeln)
  • 180106*: Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten
  • 180107: Chemikalien mit Ausnahme derjenigen, die unter 180106* fallen
  • 180108*: Zytotoxische und zytostatische Arzneimittel
  • 180109: Arzneimittel mit Ausnahme derjenigen, die unter 180108* fallen
  • 180110*: Amalgamabfälle aus der Zahnmedizin

Wie bereits erwähnt, müssen Arztpraxen bei der Sammlung, Lagerung und Entsorgung der in der AVV aufgeführten Abfälle die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben sowie die Ausführungen der LAGA einhalten. Doch es gibt auch Ausnahmen.

Ausnahmeregelungen und kommunale Unterschiede

Diese Ausnahmen greifen ausschließlich für nicht infektiöse medizinische Abfälle, die in geringen Mengen anfallen, zum Beispiel in kleinen Arztpraxen oder bei Hausbesuchen. Wenn dem so ist, dürfen die nicht infektiösen Abfälle den gemischtenSiedlungsabfällen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zugeführt werden. Bei der Entsorgung über den Restmüll muss Folgendes beachtet werden:

  • Die Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zur Sammlung und Bereitstellung sind einzuhalten.
  • Die Abfälle dürfen nicht lose in die Restmülltonne geworfen werden, sondern müssen in geeigneten Behältnissen verpackt sein, die reißfest, feuchtigkeitsbeständig, verschlossen oder bruch- und durchstichsicher sind.
  • Die Abfälle dürfen keinen oder lediglich einen geringen Flüssigkeitsanteil aufweisen.
  • Übermengen müssen sicher aufbewahrt und erst kurz vor der Abholung bereitgestellt werden.
  • Eine gemeinsame Sammlung und Entsorgung ist auszuschließen und die Abfälle müssen direkt der Verbrennungsanlage zugeführt werden.

Auch von genannten Ausnahmen kann es wiederum Abweichungen geben. Etwa im Falle kommunaler Sonderregelungen. DasBeispiel hier: In den bayerischen Landkreisen Weilheim-Schongau und Bad Tölz-Wolfratshausen wird der Restmüll aus Haushalten einer mechanisch-biologischen Behandlung zugeführt – das heißt, Behälter mit Kanülen dürfen dort nicht in die Restmülltonne gegeben werden. Bei Fragen oder Unsicherheiten ist es daher grundsätzlich immer sinnvoll, den Austausch mit dem zuständigen Entsorgungsunternehmen zu suchen.

Abfalltrennung im Praxisalltag: Was ist zu beachten?

Auf Basis dieser umfangreichen gesetzlichen Vorgaben muss jede Praxis ihr Abfallmanagement bewerkstelligen. Im Vordergrund steht immer der Schutz der Patientinnen und Patienten und des Personals, einschließlich des Reinigungspersonals. Bei Tätigkeiten mit Abfällen sind vor allem folgende Punkte zu beachten:

  • Beim Umgang mit kontaminierten Abfällen sollten immer Handschuhe getragen werden. Zusätzlich sind bei Bedarf Gesichtsschutzmasken und flüssigkeitsdichte Schutzkleidung zu verwenden.
  • Zur Vermeidung von Verwechslungen und Vermischungen müssen die verschiedenen Behälter für die verschiedenen Abfallarten eindeutig unterscheidbar sein, am besten durch unterschiedliche Farben.
  • Teilgefüllte Abfallbeutel bzw. -säcke dürfen nicht in andere umgefüllt werden. Auch hat ein Zusammenpressen bzw.Stauchen zu unterbleiben – die Luft, die dabei aus den Beuteln oder Säcken entweicht, ist oft mit Mikroorganismen angereichert und kann ein Gefährdungspotenzial darstellen.
  • Abfallbehältnisse sind so zu verschließen, dass auch beim weiteren Umgang kein Inhalt austreten kann.
  • Spitze und scharfe Gegenstände sind so zu verpacken und zu verwahren, dass sie in keinem Moment der Entsorgung zum Verletzungsrisiko werden; vor allem sind Skalpelle, Ampullen, Kanülen usw. in dafür vorgesehenen stich- und bruchfesten Einmalbehältern zu verwahren.
  • Kanülen dürfen niemals zurück in ihre Schutzhüllen gesteckt werden (Vermeidung von Stichverletzungen).
  • Körperflüssigkeiten (Blut, Urin) können unter Beachtung von hygienischen und infektionspräventiven Gesichtspunkten entleert und unter Beachtung der kommunalen Entwässerungs-/Abwassersatzung ins Abwasser gegeben werden.

Wie schon angeführt, werden Blutbeutel und Blutkonserven unter der Abfallschlüsselnummer 180102 zusammengefasst – zu diesem Abfallschlüssel gehören auch Körperteile und Organe. Gilt es solche zu entsorgen (bspw. nach ambulanten Operationen), sind sie in geeigneten, sicher verschlossenen Behältnissen zu sammeln und der gesonderten Beseitigung in einer zugelassenen Verbrennungsanlage eines zertifizierten Entsorgers zuzuführen.

Handhabung infektiöser Abfälle und Zytostatika

Zur Infektionsverhütung sind im IfSG zahlreiche Maßnahmen verankert, die für Arztpraxen auch bei der Handhabung einschlägiger Abfälle zu beachten sind. Die meldepflichtigen Krankheitserreger sind in § 7 IfSG aufgelistet. Mit diesen Erregern kontaminierte Abfälle (infektiöse bzw. gefährliche Abfälle: AS 180103*) müssen am Ort ihres Entstehens in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen (bauartgeprüfte Gefahrgutverpackung) gesammelt und durch spezialisierte Entsorgungsunternehmen entsorgt werden. Lediglich infektiöse Abfälle, die mit vom Robert Koch-Institutanerkannten Verfahren desinfiziert wurden und keine Infektionsgefahr mehr darstellen, dürfen zusammen mit Abfällen des AS 180104 entsorgt werden.

Sonderabfälle wie Zytostatika (AS 180108*), gefährliche Chemikalien (AS 180106*) undRöntgenentwickler/Röntgenfixierbäder (AS 090101*, AS 090104*) sind gemäß ihrer Abfallschlüsselnummern separat zu sammeln und zu entsorgen. Im Falle von Zytostatika dürfen Behälter oder Infusionssysteme (wenn sie nicht mehr als 20 Milliliter Restsubstanz beinhalten) wie auch leicht kontaminierte Tupfer, Einmalhandschuhe und -schürzen in den nicht infektiösen Abfall (AS 180104) gegeben werden. Davon abgesehen, sind zytostatische Abfälle gemäß AS 180108* als gefährlicher Abfall zu behandeln und in bauartgeprüften, stich- und bruchfesten Einwegbehältern zu entsorgen.

Spezifische Herausforderungen und häufige Fehler

Jede Arztpraxis ist je nach Patientenaufkommen oder fachlicher Ausrichtung mit ganz spezifischen Herausforderungen bei der Abfallentsorgung konfrontiert. Wo beim Allgemeinarzt eher Wundversorgungsartikel anfallen, sind es beim Zahnarzt Spritzen und Kanülen oder in Einzelfällen – vor allem aufgrund der langen Aufbewahrungsfristen von bis zu 30 Jahren – auch Röntgenbilder beim Lungenarzt. Dazu kommen Fragen nach der Größe der Praxis und der Höhe des Abfallaufkommens. Schwankungen und Neujustierungen sind einzubeziehen, etwa im Kontext möglicher Ambulantisierungsmaßnahmen oder im Falle von auftretenden Pandemien.

Dennoch basiert das Abfallmanagement, wie oben beschrieben, auf allgemein gültigen Grundlagen. Dazu gehören:

  • zielgerichtet geschultes Personal
  • genaue Analysen des Abfallaufkommens (welche Abfälle in welcher Größenordnung treten in welchen Zeiträumen auf).
  • die Erstellung eines Hygieneplans, in dem detailliert aufgeführt ist, welche Abfälle zu welcher Abfallgruppe gehören, welche der Behälter dafür vorgesehen sind und wo in den Praxisräumen diese Behälter sicher aufbewahrt werden können.
  • Anschaffung passgenauer Behälter nach Sicherheits-, aber auch Größenparametern; das heißt Anschaffung zertifizierter Behälter, die auf Art und Menge des Abfalls abgestimmt sind, bei denen sich maximale Füllhöhe und aktueller Füllgrad von außen ablesen lassen – und die sich aufgrund ihrer Größe und ihres Designs in die räumlichen Gegebenheiten der Praxis integrieren lassen.

Was wie zu entsorgen ist, was unter Umständen in den Restmüll darf und was keinesfalls, sollten Arztpraxen in jedem Fall mit zertifizierten Entsorgern besprechen. Beratung und Zusammenarbeit mit einem zertifizierten Entsorger ist nicht zuletzt auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein Sicherheitsfaktor: Verstöße gegen auch gemeindespezifisches Abfallrecht können zu Geldstrafen in fünfstelliger Höhe führen. Um das auszuschließen, helfen spezialisierte Entsorger von vornherein, Entsorgungsfehler auszuschließen, die selbst erfahrenen Arztpraxen unterlaufen können. Dazu gehören:

  • ein fehlendes oder unzureichendes Abfallkonzept,
  • die falsche Klassifizierung und Deklaration medizinischer Abfälle,
  • unsachgemäßer Umgang mit scharfen Gegenständen,
  • die nicht standardgemäße Verwendung von Behältern für infektiöse Abfälle oder
  • Nachlässigkeiten bzw. Irrtümer bei der Entsorgung von Arzneimittelabfällen.

Vor allem bei letzterem Punkt gibt es je nach Menge der Abfälle und je nach Kommune unterschiedliche Regeln. Kleine Mengen können ggf. in den Restmüll, größere müssen ggf. zum Wertstoffhof bzw. zur Schadstoffannahmestelle.

Doch selbst wenn Arzneimittel in erlaubtem Umfang im Restmüll entsorgt werden, kann das immer noch Probleme bedeuten.Gerade bei Arztpraxen in Wohnhäusern sind die Abfallbehälter rein theoretisch jederzeit für alle Hausbewohnerinnen und -bewohner zugänglich, sodass ein Missbrauch nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Für die Entsorgung von Spritzen und Kanülen (s. o.) trifft das nicht minder zu.

Das Arbeitspensum im medizinischen Bereich ist so hoch wie die Verantwortung, die damit einhergeht. Die Behandlung von Patientinnen und Patienten muss gewährleistet werden, logistische und menschliche Faktoren sind in Einklang zu bringen. Hinzu kommen zahlreiche bürokratische Hürden, mit denen gerade Arztpraxen oft zu kämpfen haben. Bei alledem darf das Abfallmanagement nicht aus dem Blick geraten. Die fachgerechte Entsorgung ist ein wichtiger Bestandteil, um Effizienz und Sicherheit im Gesundheitsbetrieb gleichermaßen gerecht zu werden.

Quellen

Medizinische Angestellte nimmt einer Patientin Blut ab. (Bild: stefanamer)
In der medizinischen Versorgung spielt auch das Management medizinischer Abfälle eine wichtige Rolle, um die Sicherheit von Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden zu gewährleisten – dies gilt ebenso für die Versorgung in Arztpraxen. (Bild: stefanamer)