Bei der Behandlung von Krebserkrankungen nehmen Zytostatika eine zentrale Rolle ein. Die pflanzlichen oder chemisch hergestellten Substanzen hemmen die Vermehrung von Tumorzellen und bringen sie zum Absterben. Bei der Therapie mit Zytostatika werden ebenfalls gesunde Zellen angegriffen und geschädigt. Da Zytostatika zu den krebserzeugenden, erbgutverändernden oder reproduktionstoxischen Arzneimitteln zählen (CMR-Arzneimittel nach TRGS 525), müssen die bei der Zubereitung und Anwendung entstehenden Abfälle mit besonderer Sorgfalt sicher beseitigt werden.
Wegen ihrer Inhaltsstoffe bergen CMR-Medikamente Gefahren für sämtliche Personen, die mit ihnen umgehen. Geringe Wirkstoffmengen können z. B. bei Zubereitung, Transport, Verabreichung und Entsorgung freigesetzt werden und über die Atemwege und die Haut in den Körper gelangen. Im schlimmsten Fall können sie Krebs auslösen, das Erbgut ändern oder die Fortpflanzung stören. Eine Gefährdung für medizinisches Personal ist möglich, wenn diese nicht ausreichend über die richtige Handhabung unterrichtet worden ist oder Abfälle nicht ordnungsgemäß beseitigt werden. Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung eines umfassenden und korrekten Hygiene- und Abfallmanagements in Krankenhäusern und Apotheken deutlich.
Anforderungen an die Sammlung und Entsorgung von Zytostatika
Abfälle, die aus Resten oder Fehlchargen von zytotoxischen und zytostatischen Arzneimitteln bestehen oder deutlich erkennbar mit CMR-Arzneimitteln verunreinigt sind, werden dem Abfallschlüssel AS 180108* zugeordnet (im veterinärmedizinischen Bereich AS 180208*) und zählen damit zu den gefährlichen Abfällen.
Gefährliche zytotoxischen und zytostatischen Abfälle
- Nicht vollständig entleerte Originalbehältnisse (z. B. durch Therapieabbruch angefallene oder nicht bestimmungsgemäß angewandte Zytostatika)
- Verfallene CMR-Arzneimittel in Originalverpackungen
- Reste an Trockensubstanzen und zerbrochene Tabletten
- Spritzenkörper und Infusionsflaschen/-beutel mit erkennbaren Flüssigkeitsspiegeln/Restinhalten (> 20 ml)
- Infusionssysteme und sonstiges mit Zytostatika kontaminiertes Material (> 20 ml), z. B. Druckentlastungssysteme und Überleitungssysteme
- Nachweislich durch Freisetzung mit großen Flüssigkeitsmengen oder Feststoffen kontaminiertes Material (z. B. Unterlagen, stark kontaminierte persönliche Schutzausrüstung)
- Luftfilter von Sicherheitswerkbänken
Die Sammlung des gefährlichen Abfalls hat in bauartgeprüften, stich- und bruchfesten Einwegbehältnissen (Gefahrgutbehältern) zu erfolgen. Die Abfälle dürfen nicht umgefüllt, sortiert oder vorbehandelt werden. Bei Lagerung und Transport müssen die Behälter fest verschlossen sein. Es darf zu keiner Kontamination der Außenseite kommen. Ferner muss sichergestellt sein, dass in den Transportbehältnissen ausreichend Bindemittel (zum Beispiel mineralische Granulate) vorhanden ist, damit eventuell freigesetzte Flüssigkeit direkt und vollständig aufgenommen wird. Zur Risikokommunikation sollten die Transportbehältnisse von CMR-Arzneimitteln mit einem entsprechenden Hinweis sowie mit Angaben zum Verhalten bei Zwischenfällen versehen werden.
Die zytotoxischen und zytostatischen Arzneimittel gelten als gefährliche Abfälle und müssen mit Entsorgungsnachweis in zugelassenen Abfallverbrennungseinrichtungen bzw. Sonderabfallverbrennungsanlagen entsorgt werden. Die Abfälle des AS 180108* sind dabei unter Angabe einer gefahrgutrechtlichen UN-Nummer (UN 2810 „Giftiger organischer flüssiger Stoff“ oder UN 2811 „Giftiger organischer fester Stoff“) dem Entsorger zu übergeben. Ein nach den Vorschriften des ADR korrekt gestalteter Gefahrzettel (Gefahrgutklasse 6.1: giftige Stoffe) muss ebenso auf den Abfallbehältern angebracht sein.
Gering kontaminierte Zytostatika-Abfälle
Gering kontaminierte Zytostatika-Abfälle sollten vor der endgültigen Entsorgung bereits am Entstehungsort in Kunststoffbeuteln gesammelt und verschlossen werden. Beseitigt werden können sie nach dem Abfallschlüssel AS 180104. In der Regel zählen die folgenden Abfälle als gering kontaminiert und gehören somit nicht zur genannten Gruppe der gefährlichen Abfälle:
- Tupfer
- Ärmelstulpen, Handschuhe
- Atemschutzmasken
- Einmalkittel und -overalls
- Plastik- und Papiermaterial
- Aufwischtücher
- Leere Zytostatikabehältnisse nach bestimmungsgemäßer Anwendung (Ampullen, Spritzenkörper, Schläuche und Infusionsbehältnisse)
- Gering kontaminiertes Material von Sicherheitswerkbänken
Steigender Verbrauch und Umweltbelastungen
Die Zahl der Zytostatika-Zubereitungen in Krankenhäusern und Apotheken nimmt kontinuierlich zu und wird vermutlich noch weiter ansteigen. Ein Grund dafür ist die gestiegene Lebenserwartung der Bevölkerung, die auch mit einer Zunahme an Krebserkrankungen einhergeht. Zudem wurde der Einsatz von Zytostatika auf neue Anwendungsgebiete erweitert, beispielsweise rheumatische Erkrankungen und Multiple Sklerose. Auch in der Veterinärmedizin kommen die Arzneien häufiger zum Einsatz.
Vor allem durch die Ausscheidungen von behandelten Patienten sind zunehmend in der Umwelt auftretende zytostatisch aktive Arzneimittel-Wirkstoffe sowie ihre Stoffwechsel- und Umwandlungsprodukte die Folge. Der Eintrag in die Umwelt findet dabei primär über das Abwasser von Kliniken statt. Ausführlich behandelt finden Sie das Thema „Umweltrelevanz von CMR-Arzneimitteln“ in unserer April-Ausgabe 2017.
Quellen
- Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA): Mitteilung 18: Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): TRGS 525 Gefahrstoffe in Einrichtungen der medizinischen Versorgung
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW): Zytostatika im Gesundheitsdienst: Informationen zur sicheren Handhabung
- REMONDIS Medison: Gefährlicher Abfall. Sicherheitswerkbänke für Zytostatika – Sicheres Zerlegen und Entsorgen mit kontaminationsfreiem Luftfilter-Ausbau
- REMONDIS Medison: Zytostatika sicher entsorgen