Interview mit Lara-Sophie Mager Abfall- und Gefahrgut­management im Krankenhaus

Junge Frau in dunklen Blazer.
Abfall- und Gefahrgutbeauftragte können sowohl intern als auch durch externe Dienstleister besetzt werden – das realisiert Lara-Sophie Mager mit ihrem Team von EONOVA. (Foto: EONOVA)

Abfall- und Gefahrgutb­eauftragte sind im Gesundheits­wesen unverzichtbar – sie sichern nicht nur den rechtskonformen Umgang mit Abfällen und Gefahrgütern, sondern gewährleisten gleichzeitig auch die Sicherheit von Mensch und Umwelt. Rechtlich sind die meisten Kliniken zur Bestellung der Beauftragten verpflichtet und müssen entscheiden, ob diese Stelle mit einem eigenen Mitarbeitenden oder externen Dienstleister besetzt wird. Was Kliniken hier beachten müssen und welchen Einfluss die novellierte TRGS 520 auf Kliniken hat, erläutert uns Lara-Sophie Mager, Abfall-, Gefahrgut- sowie Gefahrstoff­beauftragte und Bereichsleiterin bei EONOVA, im Interview.

Zur Person: Lara-Sophie Mager

  • seit Juni 2024 Bereichsleitung EONOVA – REMONDIS Medison GmbH
  • Januar 2023 – Mai 2024 Abfall- und Gefahrgutbeauftragte sowie Fachkundige nach der Gefahrgutverordnung bei EONOVA – REMONDIS Medison GmbH
  • seit Oktober 2022 Ausbilderin nach AEVO
  • Juni 2022 – Januar 2024 Bildungszentrum für die Ver- und Entsorgungswirtschaft gGmbH – Abschluss: Meisterin für Kreislauf- und Abfallwirtschaft und Stadtreinigung
  • August 2020 – Dezember 2022 Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft bei der Kreis Weseler Abfallgesellschaft mbH & Co. KG
  • August 2015 – Juli 2020 Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft Wirtschaftsbetriebe Duisburg – AöR

Frau Mager, warum und wofür brauchen Kliniken Abfall- und Gefahrgut­beauftragte?

Lara-Sophie Mager: Kliniken sind gemäß verschiedener Gesetze – teilweise erst ab bestimmten Mengen – verpflichtet, die Beauftragten zu bestellen. Nach Absatz 2 der Verordnung über Betriebsbeauftragte für Abfall (Abfall­beauftragten­verordnung, AbfBeauftrV) gilt diese Pflicht zur Bestellung eines Abfall­beauftragten, sofern in einer Einrichtung mehr als 2 Tonnen gefährliche Abfälle pro Kalenderjahr anfallen. Den Aufgabenbereich von internen und externen Abfall­beauftragten regelt das Kreislauf­wirtschafts­gesetzes (KrWG §60). Dazu gehört u. a. die Erstellung eines Abfall­konzeptes sowie Abfall­berichtes, regelmäßige Begehungen, die Sicherstellung der fachgerechten Entsorgung, die dafür notwendige Aufklärung der Mitarbeitenden sowie die Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher und abfallarmer Verfahren.

Hinzukommt die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten. Sie ist gemäß Gefahrgut­beförderungs­gesetz (GGBefG) und Gefahrgut­beauftragten­verordnung (GbV) für alle Krankenhäuser verpflichtend. Einrichtungen können sich von dieser Pflicht befreien, wenn sie nicht mehr als 50 Tonnen netto gefährliche Güter pro Kalenderjahr für den Eigenbedarf in Erfüllung betrieblicher Aufgaben befördern. Allerdings muss das Personal, welches an der Beförderung der Güter beteiligt ist, gemäß ADR 1.3 geschult sein. Gefahrgut­beauftragte sind gemäß § 8 der Gefahrgut­beauftragten­verordnung u. a. verpflichtet, Aufzeichnung in Textform über die eigene Überwachungstätigkeit sowie einen Jahresbericht über die Tätigkeit der Klinik in Bezug auf die Gefahrgut­beförderung zu erstellen. Auch wenn ein externer Dienstleister mit dem Gefahrgut­management beauftragt wurde, erfolgt die Prüfung weiterhin durch das Krankenhaus selbst.

Für die Sicherheit von Mensch und Umwelt ist es essenziell, dass Abfall- und Gefahrgut­beauftragten beim Transport gefährlichen Güter eng zusammen­arbeiten und diese Vorgänge überwachen.

Welche Sanktionen werden verhängt, wenn Kliniken diese Vorgaben nicht einhalten?

Lara-Sophie Mager: Bei Verstößen gegen die Bestellpflicht eines Abfall­beauftragten können Bußgelder von bis zu 10.000 Euro fällig werden. Hinzukommen Verstöße gegen Berichts- und Dokumentationspflichten, die ebenfalls mit bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Wird ein solches Vergehen angezeigt, werden Kliniken mittels einer behördlichen Anordnung zur sofortigen Bestellung eines Abfall­beauftragten verpflichtet, was entsprechend durch die zuständige Abfallbehörde in häufigen Intervallen überprüft wird. Sanktionen folgen auch bei Verstößen gegen das Abfallrecht: Für die unsachgemäße Entsorgung gefährlicher Abfälle wie infektiöser Materialien kann die Klinikleitung persönlich haftbar gemacht werden. Bei Personen- oder Umweltschäden kommen mögliche zivilrechtliche Schadenersatzforderungen hinzu.

Bei Verstößen gegen Gefahrgut­vorschriften drohen sowohl Bußgelder als auch strafrechtliche Konsequenzen. Hierunter fallen beispielsweise die fehlende Bestellung eines Beauftragten, das Nichtmitführen von Beförderungspapieren, das Nichtanbringen von Gefahrzetteln und bei größeren Beförderungseinheiten der entsprechenden Plakate oder fehlerhafte Ladungssicherung. Von den Strafen sind die Klinik als auch der Entsorger gleichermaßen betroffen. Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Die Verstöße sind in § 10 des Gefahrgut­beförderungs­gesetz festgeschrieben und es gibt einen entsprechenden Bußgeldkatalog: den Buß- und Verwarnungsgeldkatalog zur Gefahrgut­verordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB). In schwerwiegenden Fällen, insbesondere wenn Leben oder Gesundheit gefährdet sind, können auch strafrechtliche Konsequenzen wie Freiheitsstrafen drohen. Zusätzliche Fehler – sowohl im Abfall- als auch Gefahrgut­management – führen zu Versicherungsproblemen, Betriebsunterbrechung, behördlicher Stilllegung einzelner Bereiche oder auch Imageproblemen.

Interne und externe Abfall- und Gefahrgut­beauftragte

Frau Mager, Sie sprachen von internen Abfall­beauftragten. Was müssen Kliniken hierbei beachten?

Lara-Sophie Mager: Betriebsbeauftragte für Abfall müssen gemäß Abfall­beauftragten­verordnung nachweislich über die entsprechende Fachkunde im Bereich Abfallrecht und Entsorgungspraxis verfügen. Eine Auffrischung in einem Fortbildungslehrgang alle zwei Jahre ist verpflichtend. Inhalte des Grundlehrgangs müssen gemäß § 9 AbfBeauftrV u. a. die Rechte und Pflichten des Abfall­beauftragten, Rechtsgrundlagen (KrWG, AbfBeauftrV, ggf. AbfAEV), verschiedene Abfallarten aus Klinik und Labor einschließlich gefährlicher Abfälle, Grundlagen des Gefahrgut­rechts im klinischen Umfeld, Abfall­entsorgungs­kontrolle und Nachweisführung sein. Eine solche Fortbildung wird von verschiedenen Anbietern angeboten. Auch wir bei EONOVA schulen Mitarbeitende aus Kliniken entsprechend. Zweimal im Jahr bieten wir ein Grundlagenseminar und zusätzlich zwei weitere Fortbildungsveranstaltungen an. Bei unseren Schulungen ist uns vor allem der direkte Praxisbezug wichtig, weshalb wir gemeinsam mit den Teilnehmenden Begehungen in Kliniken durchführen, Entsorgungsanlagen besuchen und Abfall­beauftragte, Nachhaltigkeits­experten sowie weitere Referentinnen und Referenten die Seminare übernehmen.

Die Abfall­beauftragten­verordnung ermöglicht auch die Bestellung eines externen Abfallbeauftragten. Wie läuft das ab?

Lara-Sophie Mager: Kliniken entscheiden sich aus verschiedenen Gründen – beispielsweise aufgrund mangelnder interner Ressourcen oder fehlender Spezialkenntnisse – die Position des Abfall­beauftragten mit einem externen Experten zu besetzen. Werden wir durch eine Klinik als externe Abfall­beauftragte bestellt, übernehmen wir alle für das Entsorgungs­management erforderlichen Aufgaben. Dazu gehört u. a. die Überwachung und Kontrolle des Abfalls von der Entstehung bis zur Beseitigung, der jährliche Abfallbericht, umweltfreundliche und abfallarme Verfahren zu etablieren, die Dokumentation gemäß Gewerbe­abfall­verordnung, die Überwachung und Kontrolle der Abfallströme von der Entstehung bis zur Beseitigung sowie die Beratung der Geschäftsleitung bezüglich Abfallvermeidung, -verwertung und -entsorgung. Hinzukommen Schulungs- und Aufklärungsangebote für die Klinik­mitarbeitenden.

Zudem unterstützen wir Kliniken bei Ausschreibungen und holen Angebote aller Entsorger ein, um das beste Angebot, zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Einrichtung, zu finden. Als externe Abfall­beauftragte können wir Kliniken nur beraten, die Entscheidungshoheit und auch der Haftungsanspruch liegt weiterhin bei der Klinikleitung. Ziel eines externen Abfall­beauftragten soll es vielmehr sein, eine effiziente, rechtssichere und nachhaltige Abfall­wirtschaft im Gesundheitswesen zu ermöglichen.

Wie unterscheidet sich die Bestellung eines Gefahrgut­beauftragten von der eines Abfall­beauftragten und welche Ausbildung ist erforderlich?

Lara-Sophie Mager: Das Gefahrgut­management kann wie das Abfall­management entweder intern durch einen Klinik­mitarbeitenden besetzt werden oder die Einrichtung beauftragt einen externen Dienstleister mit dieser Aufgabe. Alle Gefahrgut­beauftragten müssen für den betroffenen Verkehrsträger eine IHK-Prüfung über ihren Kenntnisstand ablegen, welche sie alle fünf Jahre erneuern müssen. Hinzu kommen verpflichtende Gefahrgut­schulungen wie beispielsweise nach ADR 1.3, 1.4 „Unterweisung von Personen, die an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind“. Diese Schulung sollte jedes Jahr, mindestens aber alle 2 Jahre wiederholt werden. Auch EONOVA bietet solche Schulungen an und vermittelt hier Wissen zu aktuellen Rechtsvorschriften, Kennzeichnung von Gefahrgütern sowie deren korrekter Verpackung und Gültigkeit. Zudem unterstützen wir Kliniken auch als externe Gefahrgut­beauftragte und übernehmen hier das gesamte Gefahrgut­management. Im Unterschied zum Abfall­beauftragten sind wir als externe Dienstleister aber nicht nur beratend tätig, sondern sind bei den Behörden als Verantwortliche hinterlegt und haften damit auch bei Verstößen.

TRGS 520: Von Relevanz für Krankenhäuser?

Die seit September 2024 novellierte TRGS 520 sorgt bei Abfall- und Gefahrgut­beauftragten in Krankenhäusern für einen überarbeiteten Anwendungs­bereich. Was heißt das konkret für die tägliche Arbeit?

Lara-Sophie Mager: Die Novelle der Technischen Regel für Gefahrstoffe „Errichtung und Betrieb von Sammelstellen und Zwischenlagern für Kleinmengen gefährlicher Abfälle“ (TRGS 520) empfiehlt Maßnahmen zur sicheren Annahme und Lagerung von Kleinmengen gefährlicher Abfälle und konkretisiert überdies rechtliche Anforderungen der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). In der Neufassung sind konkret Abfälle benannt, für die die Technischen Regeln nicht gelten, sodass verschiedene medizinische Abfälle offiziell von der TRGS ausgeschlossen sind. Das sorgt bei Abfall- und Gefahrgut­beauftragten aus Krankenhäusern für Klarheiten: Ausgenommen sind Abfälle der Schlüsselnummern 180101 bis 180104 sowie bestimmte Abfälle aus der Tiermedizin (180201 bis 180203), womit nur noch Chemikalien und Altmedikamente Gegenstand der TRGS 520 sind. Unserer Meinung nach ist die TRGS 520 deshalb für viele Krankenhäuser nicht von Relevanz. Es gibt nur sehr wenige Häuser, die über eine stationäre oder mobile Sammelstelle verfügen.

Frau Mager, können Sie näher erläutern, warum die TRGS 520 nicht von Relevanz ist?

Lara-Sophie Mager: Ich möchte es an einem Beispiel erklären: In einem großen Laborkomplex haben sich viele kleine Labore eingemietet, die zwar alle eigenständig sind, durch das gemeinsam organisierte Abfall­management des Laborkomplexes aber als eine Anfallstelle gelten. Somit muss die TRGS 520 hier nicht angewendet werden. Gleiches gilt auch für Krankenhäuser, die als eine Einheit verstanden werden müssen, auch wenn darin Apotheke, Labore, Fachbereiche u. ä. teilweise als eigenständige Bereiche zählen. Zu beachten ist zudem: Technische Regeln sind je nach Anwendungs­bereich bezüglich der Anforderungen in der jeweiligen Verordnung umzusetzen bzw. muss eine gleichwertige Lösung gefunden werden. Ansonsten sind diese als Empfehlungen zu betrachten, die konkretisieren, wie Gesetze und Verordnungen im Arbeitsschutz umgesetzt werden können. Sie stellen keine festen Reglungen dar. Die Empfehlungen der TRGS 520 sollen die Sicherheit von Mensch und Umwelt gewährleisten. Deshalb sollten Kliniken prüfen, welche der empfohlenen Maßnahmen für das eigene Krankenhaus sinnvoll sind. Das könnten beispielsweise eine Notdusche für den Köper sowie eine Augendusche, ausreichende Beleuchtung oder Systeme für Raumbe- und -entlüftung oder Ähnliches sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

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