Operationssäle gehören zu den Bereichen im Krankenhaus, in denen besonders viele Ressourcen benötigt und oft auch die größten Abfallmengen produziert werden. Über ein Viertel der Krankenhausabfälle stammt aus diesem Versorgungsbereich, wobei knapp 25 Prozent ausschließlich die Anästhesie verursacht. Hierunter fallen verschiedene Abfälle, die durch die Narkose oder deren Vorbereitung entstehen – darunter Medikamente, Spritzen, Kanülen, aber auch Verpackungsabfälle.
Neben den für die Narkose eingesetzten Medikamenten machen vor allem Einmalprodukte wie Spritzen und Kanülen einen großen Teil des anästhesiebedingten Abfalls aus. Die Instrumente sind aus hygienischen Gründen alle einzeln steril verpackt, sodass besonders viele Verpackungen entsorgt werden müssen. In vielen Einrichtungen werden diese Abfälle gemeinsam mit anderen medizinischen Abfällen nach Abfallschlüssel 18 01 04 entsorgt. Wenn die Verpackungen nicht mit Blut, Sekreten oder Exkreten kontaminiert sind, können diese Verpackungsabfälle über das Duale System recycelt werden.
Spritzen, Kanülen und Infusionsflaschen entsorgen
Für die Einleitung einer Narkose und die kontinuierliche Medikamentengabe zur Aufrechterhaltung der Sedierung verwenden Anästhesistinnen und Anästhesisten unter anderem Spritzen, Kanülen oder Infusionsflaschen. Nach dem Gebrauch müssen diese Materialien entsprechend ihrem Abfallschlüssel sachgerecht behandelt und entsorgt werden. Um das Risiko von Schnitt- und Stichverletzungen so gering wie möglich zu halten, ist im Umgang mit spitzen und scharfen Gegenständen höchste Vorsicht geboten. Genutzte Spritzen, Kanülen usw. sind in Spritzenabwurfbehältern zu sammeln und nach Abfallschlüssel 18 01 01 zu entsorgen. Aus infektionspräventiver Sicht dürfen die sogenannten Sharps gemeinsam mit den Abfällen des Abfallschlüssels 18 01 04 entsorgt werden – sofern der Arbeitsschutz gewährleistet wird. Ist die Patientin bzw. der Patient (potenziell) mit einer meldepflichtigen Krankheit infiziert, sind die Instrumente nach AS 18 01 03* zu entsorgen.
Angebrochene sowie leere Infusionsflaschen, die genutzt wurden, um Patientinnen und Patienten während einer OP beispielsweise mit ungefährlichen Elektrolyt- und Glukoselösungen zu versorgen, werden in den meisten Kliniken nach AS 18 01 04 entsorgt. Größere Mengen sind gemäß Abfallschlüssel 18 01 09 einzuordnen. Vollständig restentleerte Infusionsflaschen können gemäß materialspezifischer Entsorgungsschlüssel entsorgt werden. Für Infusionsflaschen aus Kunststoff gilt AS 15 01 02 bzw. AS 20 01 39, für Flaschen aus Glas AS 15 01 07 bzw. AS 20 01 02.
Entsorgung von Narkosemitteln
Je nach Operation oder Zustand der Patientin bzw. des Patienten wird entschieden, ob intravenöse oder volatile Anästhetika zur Sedierung und Narkose genutzt werden. Abhängig vom Narkoseverfahren fallen verschiedene Abfälle – beispielsweise Medikamentenreste – an, die unterschiedlich entsorgt und unter Umständen auch recycelt werden können bzw. vernichtet werden müssen. Bei einer intravenösen Narkose bleiben nur in Ausnahmefällen Restmengen übrig, da die Medikamentenmenge patientenindividuell berechnet wird. Sollte der seltene Fall eintreten, sind diese Restmedikamente gemäß der Betäubungsmittelverordnung zu entsorgen. In der Uniklinik Münster werden mögliche kleine Restmengen von wenigen Millilitern von Propofol oder anderen Medikamenten auf Tupfer o. ä. gegeben und anschließend nach AS 18 01 04 entsorgt.
Atemkalk richtig entsorgen
Über ein Narkosegeräte wird die Patientin bzw. der Patient während einer OP mit Sauerstoff sowie Inhalationsanästhetika versorgt. Die Ausatemluft wird mithilfe eines Rückatemsystems in einen mit Atemkalk gefüllten Kohlendioxidabsorber geleitet, wo das ausgeatmete CO₂ gebunden wird. Angereichert mit Frischgas wird die Atemluft erneut der Patientin bzw. dem Patienten zugeführt.
Anästhesistinnen und Anästhesisten müssen sicherstellen, dass die Füllung des Absorbers regelmäßig gewechselt und der verbrauchte Atemkalk entsorgt wird. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung des Atemkalks zählt dieser zu den gefährlichen Abfällen und muss nach Abfallschlüssel 18 01 06* entsorgt werden. Die fachgerechte Entsorgung des Atemkalks bieten zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe unter der Berücksichtigung aller entsprechenden Vorgaben an. Es ist wichtig, dass Atemkalk getrenntvon anderen gefährlichen chemischen Substanzen in für den Transport zugelassenen verschlossenen Behältnissen gelagert und entsorgt wird. So werden unerwünschte Reaktionen vermieden sowie Mensch und Umwelt gleichermaßen geschützt. Aufgrund der Gefährlichkeit des Atemkalks wird der gesamte Entsorgungsprozess streng überwacht. Alternativ können Atemkalkfilter an die Hersteller zurückgegeben werden, wo diese die Kunststoffkartuschen von den Inhalten trennen. Anschließend erfolgt die Entsorgung ineiner CP-Anlage (chemisch-physikalische-Anlage) bzw. in einer Sonderabfallverbrennungsanlage eines zertifizierten Entsorgungsfachbetriebes. Alternativ gibt es Hersteller, die Atemkalk beispielsweise als Neutralisator für chemische Stoffe in derIndustrie aufbereiten.
Nachhaltigkeit in der Anästhesie
Gerade in der Anästhesie gewinnt das Thema Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung. Narkosegase wie Desfluran und Lachgas gelten als besonders umweltschädlich, weshalb immer mehr Kliniken auf deren Einsatz verzichten. Eine umweltfreundlichere Alternative ist beispielsweise Propofol. Für einen Notfall während einer OP werden in vielen Kliniken Spritzen mit verschiedenen Medikamenten aufgezogenen, die nur in Ausnahmefällen benötigt und daher oft ungenutzt entsorgt werden müssen. Hier empfehlen die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) sowie der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) Fertigspritzen zu nutzen. Diese sind in der Regel länger haltbar und deren Verwurf kann deutlich reduziert werden.
Quellen
- Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall: Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 18 – Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes
- Hönemann C, Rübsam M-L, Krauß T, Bürkle H, Czaplik M, Hölzl M et al: Atemkalk: Hinweise zu korrektem Umgang und fachgerechter Nutzung in Rückatemsystemen. Stellungnahme der Kommission für Normung und technische Sicherheit der DGAI
- Die Anästhesiologie: Anästhesiesysteme und Beatmungsgeräte
- KLIKGreen: Klimaschutz und Narkosegase
- Deutsches Ärzteblatt: Klimaschutz: Nachhaltigkeit in der Anästhesie
- Schuster M, Richter H, Pecher S, Bein T, Grüßer L, Kowark A et al: Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen der DGAI und des BDA: Ökologische Nachhaltigkeit in der Anästhesiologie und Intensivmedizin – Aktualisierung 2024. Anästh Intensivmed 2024
- umwelt-online: TRGS 525 - Umgang mit Gefahrstoffen in Einrichtungen zur humanmedizinischen Versorgung
- healthcare-in-europe: Recycling von Narkosegasen für den Klimaschutz
- Dräger: Atemkalkrücknahme