Infektiöse Abfälle entsorgen

Infektiöser Abfall kann bspw. bei der Behandlung von Patienten entstehen, die mit meldepflichtigen Erregern behaftet sind. (Foto: kelifamily, Fotolia)
Infektiöser Abfall kann bspw. bei der Behandlung von Patienten entstehen, die mit meldepflichtigen Erregern behaftet sind. (Foto: kelifamily, Fotolia)

Was genau sind infektiöse Abfälle? Bei welchen Krankheiten und Erregern entstehen diese? Warum müssen an deren Sammlung und Entsorgung besondere Anforderungen gestellt werden? Und welche Abfallschlüsselnummern (AS) sind anzuwenden? Obwohl der Begriff „infektiöser Abfall“ in Krankenhäusern, Praxen, Laboren, Dialysezentren und Pathologien grundlegend richtig genutzt wird, sind die in der anzuwendenden LAGA-Mitteilung 18 aufgeführten Details oft nicht bekannt. Doch gerade im sensiblen Bereich der infektiösen Abfälle, wo schon kleinste Fehler bei der Sammlung, Deklaration oder auch Lagerung zur Verbreitung schwerer Krankheiten führen können, ist ein umfassendes Verständnis essenziell. Abfallmanager Medizin fasst deshalb hier kurz und kompakt zusammen, was beim Umgang und der Entsorgung zu beachten ist.

Bei infektiösen Abfällen handelt es sich gemäß LAGA-Mitteilung 18 um:

  • Abfälle, die bei der Diagnose, Behandlung und Pflege von Patientinnen und Patienten entstehen, die mit meldepflichtigen Krankheitserregern behaftet sind (kontaminiertes Blut/Serum, Exkret oder Sekret sowie Körperteile und Organe der entsprechend erkrankten Patienten), so dass eine Weiterverbreitung der schweren Infektionskrankheit zu befürchten ist
  • alle nicht inaktivierten/desinfizierten mikrobiologischen Kulturen, die z. B. in Instituten für Hygiene, Mikrobiologie und Virologie, in der Labormedizin oder Arztpraxen anfallen und bei denen eine Vermehrung jeglicher Art von Krankheitserregern stattgefunden hat (Regelungen der Biostoffverordnung und die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe sind vorrangig zu beachten)
  • Abfälle, die auch nach § 17 Infektionsschutzgesetz (IfSG) besondere Beachtung erfordern (z.B. Gegenstände, die mit meldepflichtigen Erregern behaftet sind)

Krankheiten, bei denen infektiöse Abfälle entstehen

Die nachfolgend genannten Krankheiten stellen mit Blick auf ihre Ansteckungsgefährlichkeit, die Überlebensfähigkeit des Erregers, den Übertragungsweg, das Ausmaß und die Art der potenziellen Kontamination, die Menge des Abfalls und die Schwere der ggf. ausgelösten Krankheit sowie deren Behandelbarkeit besondere Anforderungen an die Infektionsprävention. Schon bei Verdacht sind die entstehenden Abfälle als infektiöse Abfälle entsprechend den LAGA-Vorgaben zu sammeln und zu verpacken. In Klammern finden sich die jeweiligen erregerhaltigen Ausscheidungen/Körperflüssigkeiten:

Übertragung durch unmittelbaren Kontakt mit verletzter oder nicht intakter Haut oder Schleimhaut (z. B. durch Inokulation):

  • AIDS/HIV-Infektion (Blut)
  • Virushepatitis (Blut)
  • TSE (Transmissible spongiforme Enzephalopathie) (Gewebe, Liquor)
  • CJK, vCJK (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit)

Fäkal-orale Übertragung (Schmierinfektion):

  • Cholera (Stuhl, Erbrochenes)
  • Ruhr, HUS (enterophatisches hämolytisch-urämisches Syndrom) (Stuhl)
  • Typhus/Paratyphus (Stuhl, Urin, Galle, Blut)
  • Virushepatitis (Stuhl)

Aerogene Übertragung/Tröpfcheninfektion; Schmierinfektion:

  • aktive Tuberkulose (Sputum, Urin, Stuhl)
  • Meningitis/Enzephalitis (insbesondere Meningokokken-Meningitis) (Sputum/Rachensekret)
  • Brucellose (Blut)
  • Diphtherie (Sputum/Rachensekret, Wundsekret)
  • Lepra (Nasensekret, Wundsekret)
  • Milzbrand (Sputum/Rachensekret, Wundsekret)
  • Pest (Sputum/Rachensekret, Wundsekret)
  • Pocken (Rachensekret, Pustelsekret)
  • Poliomyelitis (Sputum/Rachensekret, Stuhl)
  • Psittacose (s. Vet. Med., keine Übertragung durch den Menschen)
  • Q-Fieber (s. Vet. Med., keine Übertragung durch den Menschen)
  • Rotz (Sputum/Rachensekret, Wundsekret)
  • Tollwut (Sputum/Rachensekret)
  • Tularämie (Wundsekret, Eiter)
  • virusbedingte hämorrhagische Fieber (einschl. Ebola, Hanta) (Blut, Sputum/Rachensekret, Wundsekret, Urin)

Abfälle mit meldepflichtigen Erregern

  • spitze und scharfe Gegenstände
  • blut- oder sekretgefüllte Gefäße
  • blut- oder sekretgetränkter Abfall aus Operationen
  • Körperteile und Organabfälle
  • gebrauchte, ungespülte bzw. blutgefüllte Dialysesysteme
  • mikrobiologische Kulturen

In der Regel nicht-infektiöse Abfälle

  • kontaminierte trockene (nicht tropfende) Abfälle, z. B. kontaminierte Tupfer, nicht tropfende Wundverbände, OP-Abdeckungen, Watterollen
  • Urin und Stuhl: kann unter Beachtung der Abwassersatzung der Gemeinde, der persönlichen Hygiene und des Arbeitsschutzes dem Abwasser zugeführt werden
  • Kittel und Einmalhandschuhe aus der Leichenschau; es sei denn, es wurde vor Eintritt des Todes eine infektiöse Krankheit festgestellt

Infektiöser Abfall ist immer gefährlicher Abfall

Vor der Einführung der europaweit gültigen, sechsstelligen Abfallschlüsselnummern (AS) zählten infektiöse Abfälle zu den sogenannten C-Abfällen. Seit 2002 werden sie innerhalb der AVV-Gruppe 1801 „Abfälle aus der Geburtshilfe, Diagnose, Behandlung oder Vorbeugung von Krankheiten beim Menschen“ unter dem Abfallschlüssel (AS) 180103* geführt – als gefährliche Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen zu stellen sind. Bei den tierischen Abfällen ist es der AS 180202*.

Richtige Sammlung am Anfallort

Aufgrund ihres Gefährdungspotenzials sind infektiöse Abfälle unmittelbar am Anfallort zu sammeln. Das kann z. B. der Operationsraum, die Isoliereinheit des Krankenhauses oder das Labor sein:

  • Sammlung in verschlossenen Einwegbehältern (u. a. Gefahrgutverpackung), siehe auch: Ausnahmeregelung M 315 für die Verpackung zum Transport von Abfall, der mit hämorrhagisches Fieber auslösenden Viren (z. B. Ebola) verunreinigt ist
  • Nicht umfüllen oder sortieren
  • Keine Kontamination der Außenseite
  • Behälter richtig kennzeichnen: Gefahrzettel gemäß ADR: Biogefährdung/Biohazard; Abfallbezeichnung inkl. Abfallschlüsselnummer nach AVV, ggf. eine nähere Beschreibung in Kurzform; UN-Nummer, die Buchstaben „UN“ sind vorangestellt; die offizielle gefahrgutrechtliche Benennung des Abfalls; Anschrift des Absenders (z. B. des Krankenhauses, der Arztpraxis); Anschrift des beauftragten Entsorgungsunternehmens inkl. Telefonnummer
  • Behälter so bereitstellen, dass eine Gasbildung vermieden wird: nur Abfalllagerräume mit ausreichender Lüftung und Kühlung nutzen; Beispiel: Lagerungstemperatur unter +15°C bei einer Lagerdauer von längstens einer Woche, bei einer Lagerungstemperatur unter +8°C kann die Lagerdauer in Abstimmung mit dem Hygieneverantwortlichen ggf. verlängert werden

Entsorgungswege von gefährlichen Abfällen

  • Entsorgung als gefährlicher Abfall in zugelassenen Entsorgungsanlagen
  • Ggf. Desinfektion (nach vom Robert Koch-Institut zugelassenem Verfahren), danach Entsorgung nach AS 180104 möglich
  • Bei bestimmten Erregern gibt es Sonderregelungen (Creutzfeldt-Jakob, Transmissible spongiforme Enzephalopathie)

Patientenproben als infektiös einstufen

Nach dem Beispiel der Kliniken Hannover können Patientenproben standardmäßig als potenziell infektiös eingestuft werden. Das kann die Prozesse innerhalb des Klinikums vereinfachen, effizienter gestalten und die spätere Entsorgung vorstrukturieren. Gefahrgutbeauftragte Eva-Maria Meyer erläutert im Interview alle Details zu Verpackung, Sammlung und Transport.

COVID-19-Abfälle sicher entsorgen

Laut Robert-Koch-Institut (RKI) zählen Abfälle, die bei der Behandlung von COVID-19-Patienten anfallen, nicht zu den infektiösen Abfällen – außer sie entstehen bei der mikrobiologischen und virologischen Diagnostik und lassen sich nicht durch ein anerkanntes Verfahren desinfizieren. Sie sind ebenso wie COVID-19-Schnelltests nach AS 180104 zu entsorgen.

Quellen

Infektiöser Abfall kann bspw. bei der Behandlung von Patienten entstehen, die mit meldepflichtigen Erregern behaftet sind. (Foto: kelifamily, Fotolia)
Infektiöser Abfall kann bspw. bei der Behandlung von Patienten entstehen, die mit meldepflichtigen Erregern behaftet sind. (Foto: kelifamily, Fotolia)