Hygiene und Abfallentsorgung in Pflegeheimen Infektionsrisiken senken, Einsparmöglichkeiten prüfen

Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in Zukunft weiter ansteigen (Foto: Kzenon, Fotolia)
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in Zukunft weiter ansteigen (Foto: Kzenon, Fotolia)

Bis 2030 könnte die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland auf 3,5 Millionen ansteigen. Aktuell sind es 2,9 Millionen, von denen etwa ein Viertel vollstationär in Pflegeheimen betreut wird. Im Vergleich zu 2001 ist die Anzahl der in Heimen versorgten Pflegebedürftigen um 32,4 Prozent gestiegen. In wiederum 94 Prozent aller Heime werden überwiegend ältere Menschen versorgt. Die Anzahl der Menschen ab 67 Jahre wird bis 2040 auf mindestens 21,5 Millionen ansteigen – und damit um 42 Prozent höher sein als noch 2013.

Diese aktuellen Erhebungen und Prognosen zeigen die Herausforderungen einer immer älter werdenden Gesellschaft: Während die Chance auf ein längeres Leben steigt, benötigen immer mehr (ältere) Menschen Hilfe und Unterstützung. Studien weisen darauf hin, dass dem Rückgang an vorzeitiger Sterblichkeit eine Steigerung an Jahren mit krankheitsbedingten Einschränkungen gegenübersteht. Damit steigt der Bedarf an ambulanter und stationärer pflegerischer Versorgung. Der Pflegemarkt steht vor großen Herausforderungen. Dabei ist es nicht förderlich, dass sich viele deutsche Pflegeheimbetreiber gegenwärtig in einer schwierigen Finanzlage befinden. Fast vier von zehn Befragten einer aktuellen Untersuchung bewerten die finanzielle Lage der deutschen Pflegeheimbetreiber insgesamt als sehr schlecht oder schlecht. Von der angespannten Personalsituation ganz zu schweigen. Bei möglichen Lösungen und Einsparpotenzialen gelangt auch die Abfallentsorgung ins Visier, die eng mit dem Infektionsschutz verknüpft ist – Grund für den Abfallmanager Medizin, die Entsorgungs- und Hygieneanforderungen für Pflege- und Altenheime genauer zu betrachten: Ein Überblick.

Das Abfallaufkommen im Pflegebereich ist beachtlich. Die Arbeitsgemeinschaft Abfallberatung in Unterfranken weist eine grobe Spanne aus: Zwei bis acht Liter Abfall sollen täglich pro Bewohner eines Pflege- oder Altenheimes anfallen. Hier sind pflegespezifische Abfälle noch nicht eingerechnet.

Pflegeheime abfallwirtschaftlich Teil der medizinischen Einrichtungen

Im Vergleich zu Altenheimen, in denen alte Menschen ohne (größeren) Pflegebedarf wohnen und die aus abfallwirtschaftlicher Sicht eher als „Großhaushalte“ gelten, sind Pflegeeinrichtungen zu den medizinischen Einrichtungen zu zählen. Denn hier leben Menschen, die aufgrund unterschiedlichster Erkrankungen ganztägig betreut und versorgt werden müssen.

2015 gab es rund 13.600 nach SGB XI zugelassene voll- bzw. teilstationäre Pflegeheime in Deutschland. Bei jedem fünften Heim war neben dem Pflegebereich auch ein Altenheim oder betreutes Wohnen organisatorisch angeschlossen. Die Abfallverwertung in Pflegeeinrichtungen ist an folgende rechtliche Grundlagen gebunden:

Die Anwendung dieser komplexen Rechtslage stellt für die verantwortlichen Träger und Leiter von Pflegeeinrichtung wie auch das Pflegepersonal eine anspruchsvolle Aufgabe dar, wie das Seniorenheim-Magazin berichtet. Hier kann die LAGA-Mitteilung 18 „Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ für Klarheit sorgen. Die Richtlinie konkretisiert und erläutert die gesetzlichen Regelungen, um einen bundesweit einheitlichen Vollzug zu unterstützen.

Maßnahmen zur Abfallvermeidung für alle Bereiche festlegen

Nach KrWG und mit Blick auf die eingangs genannte hohe Abfallmenge pro Pflegeheimbewohner müssen sich Abfallvermeidung und Abfallverwertung in den Grundsätzen jeder Einrichtung wiederfinden – und von allen Mitarbeiter wie auch Bewohnern gelebt werden. Damit können Entsorgungsproblemen vorgebeugt und Kosten reduziert werden.

Es empfiehlt sich, die Maßnahmen zur Abfallvermeidung nach Bereichen zu ordnen – Pflegebereich, Speisebereich, Verwaltung, Wohnbereich etc. In der Pflege tragen beispielsweise die Nutzung von Mehrwegprodukten (z.B. Windeln, Handschuhe, Zahnbürsten) und waschbaren Produkten (z.B. Bettunterlagen, Säcke für Schmutzwäsche) oder auch der Turnus des Wäschewechsels zur Verringerung des Abfallaufkommens bei. Die Einführung dieser Maßnahmen muss unter infektionspräventiven Gesichtspunkten und in enger Zusammenarbeit mit Hygiene-Fachpersonal geprüft werden.

Reduzierung des Abfallvolumens möglich

Inkontinenz-Abfälle sind nicht nur aufgrund der unangenehmen Gerüche und anhaftenden Keime ein sensibles Thema, sondern auch, weil sie rund 80 Prozent des Müllaufkommens in Pflegeheimen ausmachen. Windeln inkontinenter Senioren kennzeichnen ein verhältnismäßig geringes Gewicht. Sie füllen die Abfallbehälter in der Folge mehr mit Luft als mit Masse. Berechnen sich die Entsorgungskosten nach dem Volumen bzw. Abfuhren, sind hohe Kosten vorprogrammiert.

Zur Verringerung des Abfallvolumens gibt es verschiedene Konzepte und Entwicklungen. Beispiele sind Unterflurcontainer, die eine Komprimierung des Abfall durch dessen Eigengewicht ermöglichen, oder auch kleinere Behälter für Zimmer und Wäschewagen, die mittels Vakuumierung das Abfallvolumen verringern. Einsparungen um bis zu 50 Prozent sollen damit möglich sein.

Entsorgung von Abfällen aus Pflegeeinrichtungen

Nach Ausschöpfen aller Möglichkeiten der Abfallvermeidung und Wiederverwendung müssen Pflegeeinrichtungen gemäß KrWG die anfallenden Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwerten und nicht verwertbare Abfälle gemeinwohlverträglich beseitigen.

Häufige Abfallarten in Senioren-Pflegeheimen sind:

  • Hausmüllähnlicher Abfall
  • Inkontinenz-Artikel (z. B. Stuhlwindeln)
  • Katheter-Systeme
  • Verbandsmaterialien und andere weiche Abfälle
  • Kanülen, Skalpelle, Ampullen
  • Medikamente
  • Einmal-Handschuhe
  • Einmal-Kittel
  • Desinfektionsmittel

Inkontinenz-Abfälle meist Restabfall

Benutzte Inkontinenz-Artikel können in der Regel als Restabfall entsorgt werden. Das bedeutet:

  • Entsorgung als Restabfall nach AS 180104 (Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden)
  • Sammlung in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen
  • Beförderung zur zentralen Sammelstelle ohne weiteres Umfüllen oder Sortieren
  • Kein Lagern auf Gängen und vor Türen
  • Entsorgung in zugelassener Abfallverbrennungsanlage

Bei Lagerung wie auch Transport dürfen keine flüssigen Abfallinhaltsstoffe austreten – ggf. aufsaugende Materialien nutzen. Kann dies nicht sichergestellt werden, sind die Abfälle nach AS 180102 (Körperteile und Organe, einschließlich Blutbeutel und Blutkonserven) zu entsorgen.

Vorsicht bei infektiösen Abfällen mit meldepflichtigen Erregern

Wenn Heimbewohner an meldepflichtigen Infektionskrankheiten erkranken oder der Verdacht darauf besteht, sind zusätzliche Anforderungen an die Sammlung und Entsorgung von Inkontinenz-Abfällen zu stellen:

  • Entsorgung als infektiöser Abfall nach AS 180103* (Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden)
  • Sammlung am Ort des Anfallens in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen (Gefahrgutverpackung), scharfe und spitze Gegenstände in zusätzlich durchstichsicheren Behältern sammeln, Sonderregeln für Chemikalien und Arzneimittel beachten
  • Beförderung zur zentralen Sammelstelle ohne weiteres Umfüllen oder Sortieren in sicher verschlossenen Behältnissen (ggf. Säcke in Kombination mit Rücklaufbehältern)
  • Kennzeichnung mit Biohazard-Symbol
  • Kontamination der Außenseite der Sammelgefäße vermeiden (ggf. Desinfektion)
  • Sichere Lagerung in einem Sammelraum, geschützt vor unbefugtem Zutritt (z. B. durch Heimbewohner)
  • Vermeidung von Gasbildung bei der Lagerung
  • Entsorgung als gefährlicher Abfall in zugelassenen Entsorgungsanlagen
  • Ggf. Desinfektion (nach vom Robert Koch-Institut zugelassenem Verfahren), danach Entsorgung wie Abfallschlüssel 180104

Zur Umsetzung dieser Regeln sind die Einrichtungsträger und -leiter gefordert. Neben der Organisation gesetzeskonformer Entsorgungswege sind sie auch in der Pflicht, alle Mitarbeiter auf den Umgang mit infektiösen Abfällen vorzubereiten.

Erstellung von Infektionshygiene-Plänen vorgeschrieben

Gerade in Pflegeheimen, in denen überwiegend ältere Menschen mit chronischen Erkrankungen, Abwehrschwäche, Behinderungen und generell schlechtem Allgemeinzustand auf begrenztem Raum zusammenleben, ist die Infektionsgefahr hoch. Um bedrohlichen Infektionskrankheiten vorzubeugen und diese wirksam zu bekämpfen, müssen Pflegeheime als Gemeinschaftseinrichtungen die innerbetrieblichen Verfahrensweisen zur Infektionshygiene in Hygieneplänen festlegen. Gemäß § 36 Infektionsschutzgesetz (IfSG) und TRBA 250 sind Einrichtungen nach § 1 Abs. 1, 1a des Heimgesetzes dazu verpflichtet. Muster zur Erstellung solcher Pläne, so genannte Rahmenhygiene-Pläne, stellen Gesundheitsämter oder Ämter für Soziales und Verbraucherschutz zur Verfügung. Weiterhin zu beachten sind die Empfehlungen zur Infektionsprävention in Heimen, die die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Instituts (RKI) vor allem auf Grundlage der umfangreichen Erfahrungen in Krankenhäusern zusammengestellt hat (Übersicht als PDF).

Die Sicherung der hygienischen Erfordernisse obliegt auch hier der Einrichtungsleitung. Zur Unterstützung empfiehlt das RKI die Einsetzung eines Hygienebeauftragten mit entsprechender Fortbildung auf dem Gebiet der Infektionsprävention und die Bildung einer regelmäßig tagenden Hygienekommision. Einige kontrollierte, randomisierte Studien belegen bereits den Erfolg von Aus- und Weiterbildung des Personals hinsichtlich der Reduktion von Infektionen.

Modernes Hygiene- und Abfallmanagement essenziell in Pflegeheimen

Ein modernes, umfassendes Hygiene- und Abfallmanagement ist für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Pflegeheimbewohnern und -personal essenziell. Gerade angesichts der angespannten Personal- und Finanzsituation im Pflegebereich stellt die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben für hiesige Einrichtungen eine immense Herausforderung dar. Eine intensive Zusammenarbeit von Heimleitung, Hygienebeauftragtem, Pflegepersonal, behandelnden Ärzten, Gesundheitsämtern, dem Robert Koch-Institut (RKI), medizinischen Fachgesellschaften oder auch Entsorgungsunternehmen kann helfen, möglichen Infektionsgefahren vorzubeugen, Infektionen rechtzeitig zu erkennen und schnell zu bekämpfen.

Quellen

Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in Zukunft weiter ansteigen (Foto: Kzenon, Fotolia)
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in Zukunft weiter ansteigen (Foto: Kzenon, Fotolia)